Kommentar Israel und Iran: Ausgelagerte Zusammenstöße
Israel und Iran führen einen Schattenkrieg. Die drei Attentate waren sicher nur ein Anfang, niemand sollte sich einbilden, das ginge ihn nichts an.
J ERUSALEM taz Für die Polizei in Bangkok und Neu-Delhi ist es ein israelisch-iranischer Schattenkrieg. Viel praktischer wäre es für die Inder, die Georgier und die Thailänder, wenn Jerusalem und Teheran ihre Meinungsverschiedenheiten um Atomforschungsprogramme und den palästinensischen Freiheitskampf direkt unter sich ausmachen würden.
Die Attentate auf dem Boden von Dritt-, Viert- und Fünftländern sind nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen kann. Deshalb sollte sich niemand der Illusion hingeben, die schrittweise Eskalation zwischen Israel und dem Iran ginge ihn nichts an.
Noch bleiben Deutschland und andere europäische Länder verschont. Noch findet der Terror irgendwo weit weg statt. Für Thailand und Georgien sind politisch motivierte Attentate nicht ungewöhnlich. Vielleicht bieten diese Länder gerade deshalb die geeignete Kulisse für die erbosten Iraner, die ihre vermutlich vom israelischen Mossad ermordeten Atomwissenschaftler rächen wollen, ohne vorerst größere Eskalationen zu riskieren.
ist Israel-Korrespondentin der taz und lebt in Jerusalem.
Auch Israels Möglichkeiten, auf die Attentate zu reagieren, sind begrenzt. Die Situation ist eine andere als die zwischen Israel und dem Gazastreifen, wo latent militärische Auseinandersetzungen auf kleinster Flamme stattfinden. Israel könnte die Hisbollah stellvertretend für den Iran abstrafen. Doch jede auch noch so punktuelle Aktion würde die Gefahr eines neuen Krieges mit sich bringen.
Für beide Seiten birgt deshalb die regionale Auslagerung der Zusammenstöße makabererweise Vorteile. Die drei Anschläge diese Woche waren sicher nur ein Anfang. Die lokalen Sicherheitsdienste sind jetzt gefordert, die Konflikte einzudämmen. Das bedeutet im Ergebnis mehr Sicherheit für israelische Diplomaten, aber auch mehr Sicherheit für iranische Physiker, sollten sie sich auf Reisen wagen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut