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Kommentar Israel und IranAusgelagerte Zusammenstöße

Kommentar von Susanne Knaul

Israel und Iran führen einen Schattenkrieg. Die drei Attentate waren sicher nur ein Anfang, niemand sollte sich einbilden, das ginge ihn nichts an.

J ERUSALEM taz Für die Polizei in Bangkok und Neu-Delhi ist es ein israelisch-iranischer Schattenkrieg. Viel praktischer wäre es für die Inder, die Georgier und die Thailänder, wenn Jerusalem und Teheran ihre Meinungsverschiedenheiten um Atomforschungsprogramme und den palästinensischen Freiheitskampf direkt unter sich ausmachen würden.

Die Attentate auf dem Boden von Dritt-, Viert- und Fünftländern sind nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen kann. Deshalb sollte sich niemand der Illusion hingeben, die schrittweise Eskalation zwischen Israel und dem Iran ginge ihn nichts an.

Noch bleiben Deutschland und andere europäische Länder verschont. Noch findet der Terror irgendwo weit weg statt. Für Thailand und Georgien sind politisch motivierte Attentate nicht ungewöhnlich. Vielleicht bieten diese Länder gerade deshalb die geeignete Kulisse für die erbosten Iraner, die ihre vermutlich vom israelischen Mossad ermordeten Atomwissenschaftler rächen wollen, ohne vorerst größere Eskalationen zu riskieren.

privat
SUSANNEL KNAUL

ist Israel-Korrespondentin der taz und lebt in Jerusalem.

Auch Israels Möglichkeiten, auf die Attentate zu reagieren, sind begrenzt. Die Situation ist eine andere als die zwischen Israel und dem Gazastreifen, wo latent militärische Auseinandersetzungen auf kleinster Flamme stattfinden. Israel könnte die Hisbollah stellvertretend für den Iran abstrafen. Doch jede auch noch so punktuelle Aktion würde die Gefahr eines neuen Krieges mit sich bringen.

Für beide Seiten birgt deshalb die regionale Auslagerung der Zusammenstöße makabererweise Vorteile. Die drei Anschläge diese Woche waren sicher nur ein Anfang. Die lokalen Sicherheitsdienste sind jetzt gefordert, die Konflikte einzudämmen. Das bedeutet im Ergebnis mehr Sicherheit für israelische Diplomaten, aber auch mehr Sicherheit für iranische Physiker, sollten sie sich auf Reisen wagen.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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14 Kommentare

 / 
  • E
    end.the.occupation

    Khader Adnan - die taz hat wie üblich zuverlässig geschwiegen - hat sich nach 66 Tagen Hungerstreik auf einen 'Deal' eingelassen.

     

    Er akzeptiert die willkürliche israelische Administrativhaft von vier Monaten - den Diebstahl von vier Monaten seines Lebens - mit der Zusicherung, dass die israelische Unrechtsjustiz auf eine Verlängerung verzichtet.

     

    Währenddessen sitzen 300 weitere Palästinenser in Administrativhaft - ohne Anklage oder Aussicht auf einen Prozess - darunter auch Abgeordnete des pal. Legislativrats.

     

    Alles wie üblich mit freundlicher Unterstützung und medialer Deckung der taz.

  • S
    Stefan

    Was hat der SPAM ("URGENT ACTION: Khader Adnan in Lebensgefahr") mit dem Artikel zu tun?

    Ein Terrorist geht in den Hungerstreik, weil ihm das Recht verwehrt wird, das Land Israel zu vernichten oder Juden zu töten. Armer Kerl. Opfer von Willkür.

    Eigentlich gleichzusetzen mit Rudolf Hess, der unter der Siegerjustiz unschuldig eingekerkert wurde.

  • E
    end.the.occupation

    ai: Israel und besetzte Gebiete

     

    URGENT ACTION: Khader Adnan in Lebensgefahr

     

    Ein israelisches Militärgericht hat ein Rechtsmittel des inhaftierten Palästinensers Khader Adnan gegen seine Verwaltungshaft zurückgewiesen. Khader Adnan, der sich seit dem 18. Dezember im Hungerstreik befindet, wird nun bis zum 8. Mai in Haft bleiben. Er befindet sich in akuter Lebensgefahr.

     

    http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-031-2012-2/khader-adnan-lebensgefahr?destination=node%2F5309

  • V
    Volksverdummung

    @SUSANNE KNAUL

    .

    Selbst wenn der "Schattenkrieg" zwischen Israel und dem Iran, die "Attentate auf dem Boden von Dritt-, Viert- und Fünftländern nur ein Vorgeschmack" sein sollte, für "das, was noch kommen kann".

     

    "Vorgeschmack"?...

    Denn mal lieber Klartext! WER SIND DIE SCHARFMACHER, Frau Knaul? In ihrem Kommentar findet sich zwar der wohlfeile Begriff des "Terroristen", aber keine eindeutige ZUORDNUNG zu deren jeweiligen Auftraggebern.

    Und um das deutlich zu machen: Wenn wir über "Schattenkriege" reden, dann reden wir nicht nur über diverse "Kulissen" des Staatsterrorismus, sondern über Untaten, die selbst einen Krieg auslösen können (u. manchmal auch sollen)!

    .

    1. Wer, wer ist denn -in Untaten- involviert?

    .

    Sind es nicht die "lokalen Sicherheitsdienste", die die VERURSACHER und INITIATOREN dieses "Schattenkrieges" zwischen dem Iran und Israel sind, der seit dem Sturz des Schah (1979) im Gange ist?

    Insofern MUSS Ihr Appell an die "lokalen Sicherheitsdienste....die Konflikte einzudämmen" -fulminant- ins Leere laufen; denn Sie appellieren und hoffen ausgerechnet auf ein UMDENKEN bei den Tätern!

    .

    2. Was ist jetzt zu tun? - "EINDÄMMUNG oder BEENDIGUNG" des Schattenkrieges?

    .

    Sie schreiben: Es darum gehe, "die Konflikte einzudämmen". Ist das alles? Und dann weiter wie bisher?

    Ihnen sollte klar sein, dass "containment" nicht nur bedeutet, den machtpolitischen "status quo" zu erhalten, selbstverständlich unter Verzicht auf einen "totalen Krieg"; es bedeutet auch, den "gewohnten Schattenkrieg" (inklusive terroristischer Attentate aller Art), als -"quasi legitime"- staatspolitische Handlungsoption, hinnehmend zu legitimieren!

     

    Ein ENDE des "Schattenkrieges" wird nur auf Kosten und GEGEN DEN ERKLÄRTEN WILLEN "der aus dem Ruder gelaufenen Schattenkrieger" möglich sein!

     

    Und um einmal grundsätzlich zu werden: Liebe Frau Knaul, Sie verkennen, dass es eigenständige politische Intentionen der "Schattenkrieger" gibt, die den existentiellen Interessen des Staates und seiner Bürger zuwiderlaufen können!

    Die Erhaltung des "Spannungszustandes" dient vor allem wem? Den Völkern, oder seinen so genannten "Beschützern"?

    .

    3. (Titel...) Begrenztheit der Reaktionsmöglichkeiten?

    .

    Nachdem wir über die "Begrenztheit möglicher Reaktionshandlungen" bezüglich terroristischer Attentate in Kenntnis gesetzt worden sind: Wann berichten Sie über die Intentionen derjenigen, die den KONFLIKT "nach gusto" eskalieren lassen?

    Im Prinzip stehen Israel alle militärischen "Reaktionsmöglichkeiten" zur Verfügung. Doch außerhalb der "Festung Israel"(!") lässt sich nicht erkennen, dass Israel bereits angegriffen wird, was nicht ausschließt, dass man das innerhalb Israels anders empfindet!

    Um Irrtümern vorzubeugen: Zwischen einem MÖGLICHEN Ereignis und einem REALEN Ereignis besteht ein signifikanter Unterschied.

     

    Freundliche Grüsse nach Jerusalem.

    .

    HESSE

    .

  • E
    end.the.occupation

    >> Der einzig interessante "Freiheitskampf" für die Terror-Mullahs ist der Kampf, die Welt judenFREI zu machen.

     

    Im Iran lebt eine mehrtausendköpfige jüdische Gemeinde - nicht in einem Ghetto - wie 1.6 Millionen Palästinenser in Gaza - oder ohne irgendwelche Bürgerrechte - wie die 150.000 Palästinenser in Zone 'C'.

    => Stefan ist ein notorischer Lügner

     

    Des weiteren verschweigt Susanne Knaul - zuverlässig wie immer - das israelische de facto Todesurteil gegen Khader Adnan aus Jenin, weil das nicht in das von der Botschaft bestellte Bild passt.

  • IQ
    Ignaz Quadratwurzel

    Erste Meldungen, es könnten Anschläge gegen Israelis in Thailand geplant sein, kamen Tage vor der Entscheidung Thailands, den Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967 anzuerkennen.

    Als die Bitte der PA zur Anerkennung eines Palästinenserstaates vor der UN vorgetragen werden sollte, hatte man zuvor die seltsamen Anschläge in der Nähe von Eilat zu verzeichnen, wo schon 2 Stunden nach dem ersten der Gazastreifen bombardiert wurde.

    Das mag man damit nicht in Verbindung bringen wollen, muss man ja auch nicht.

     

    Von den späteren Feststellungen, dass bei den bislang 6 identifizierten Attentätern keiner aus dem Gazastreifen, alle hingegen Ägypter waren, wurde dann in der BRD nicht mehr berichtet, obwohl schon Amira Hass darauf aufmerksam machte, hier habe sich auch nach Wochen keine Palästinenserfamilie gemeldet, um wie sonst üblich um die Übergabe der Leichen zu bitten.

     

    Dennoch sollte man sich über die Lavon Affäre und damit an eine alte Tradition des Kolonistenstaates erinnern in der auch schon Simon Peres eine Rolle spielte, für den ich nicht aufgestanden wäre

     

    „55 years since the Lavon affair / Ancient history?“

    http://www.haaretz.com/print-edition/news/55-years-since-the-lavon-affair-ancient-history-1.280388

  • P
    Peter

    Zitat Stefan: "Und Physiker ist ja ein Beruf wie jeder andere, oder? Besonders, wenn man im Iran am Atomprogramm arbeitet."

    Recht einseitig. Die in Israel tätigen Atomphysiker haben die Atombombe längst gebaut, während es den iranischen nach wie vor nur unterstellt wird.

    Diese Tötungen, und seien sie "auf Verdacht" oder "präventiv", sind nichts weiter als nackte Morde.

    Man kommt schon ins Grübeln über das Weltbild von denen, die das auch noch gutheißen.

  • CR
    Christine Rölke-Sommer

    statt weiter an gegensätzen in der art von hier die freiheit und dorten der terror zu basteln wäre es lohnender, sich alternativen zu überlegen. beispielsweise wie diese hier http://www.gsinstitute.org/pnnd/, welche den UN-vorschlag einer atomwaffenfreien zone naher osten aufnahm. ein vorschlag, dem sich dann allerdings auch Israel ohne weiteres rumgemaule (wie hier beispielsweise http://jer-zentrum.org/ViewArticle.aspx?ArticleId=202 ) anschließend müßte.

  • D
    Dylan

    @juggrn

    Ein entscheidender Unterschied besteht darin, dass der Iran seit Jahren offen Drohungen gegen Israel ausspricht, während Israel nicht die Existenz Irans bedroht, sondern "lediglich" verhindern möchte, dass dieser über Atomwaffen verfügt.

    Bei Indien, Pakistan oder Nord-Korea ist Israel dies herzlich egal, aber die bedrohen den Staat auch nicht.

     

    (Andererseits haben Nord-Koreaner in Syrien beim Bau einer Atom-Anlage assistiert, die 2007 durch einen israelischen Luftangriff zerstört wurde:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Al-Kibar-Reaktor)

  • M
    mehrdad

    nachtrag:

     

    der beste beweis für die demokratie und freiheit in israel ist die tatsache, dass sie so jemanden wie frau knaul aus jerusalem berichten lassen.

     

    2/3 der länder der welt hätten sie schon längst ausgewiesen.

  • M
    mehrdad

    frau knaul @work:

     

    ...palästinensischen Freiheitskampf...

     

     

    deren freiheitskampf zeichnet sich dadurch aus, dass die meisten israeischen opfer frauen und kinder sind, während die meisten arabischen opfer soldaten und bewaffnete.

     

    naja, linke medien ehren die toten juden von damals und passen schön auf, dass die lebenden juden nicht rückfällig werden.

  • S
    Stefan

    Was der Iran mit einem vermeintlichen "palästinensischen Freiheitskampf" zu tun hat? Nix! Der einzig interessante "Freiheitskampf" für die Terror-Mullahs ist der Kampf, die Welt judenFREI zu machen.

    Der Artikel ist mal wieder gut gemacht: Einfach den Iran und Israel gegenüberstellen. Sind ja beide nicht so ganz ohne. Und Physiker ist ja ein Beruf wie jeder andere, oder? Besonders, wenn man im Iran am Atomprogramm arbeitet.

  • J
    Jizzl

    Jap, juggrn, diese Verhaltensweise ist einfach nur noch pervers.

    Tortur auf der einen Seite ist Kampf gegen Terror, auf der anderen Seite ist jegliche Aktion/Verteidigung Terrorismus..

     

    Israel verhält sich schlimmer als jeder andere Staat, und kommt immer wieder damit durch, dank des korrupten grossen Bruders...dies muss einfach aufhören.

    Bereits die Staatsgründung wurde auf Blut gebaut, interessiert es heute noch jemand..?

    Offensichtlich Nein, von daher ist die Gegenwehr absolut legitimiert.

    Überall!

  • J
    juggrn

    Ich finde die Dialektik bei dem Thema sehr interessant. Wenn der israelische Mossad Morde begeht, kommt das Wort 'Terror' nicht vor.

    Es. Kommt. Einfach. Nicht. Vor.

     

    Dabei scheint der Iran nichts anderes zu tun als Israel auch macht. Oder umgekehrt. Beides mag man 'Terror' nennen, die Verbreitung von Angst und Schrecken zum Erreichen politischer Ziele.