Kommentar Hungerstreik: Bis einer stirbt!
Seit Dienstag weigern die Asylsuchenden in der Münchner Innenstadt sich zu trinken. Es ist höchste Zeit, dass die Politik die verzweifelte Lage der Asylsuchenden anerkennt.
S eit vergangenem Samstag befinden sich die Asylsuchenden in der Münchner Innenstadt im Hungerstreik. Seit Dienstag weigern sie sich zu trinken. Drei Tage harren die Männer und Frauen aus Afghanistan, Äthiopien, Pakistan, Somalia und anderswo ohne Nahrung und Wasser aus. Ohne Flüssigkeit überlebt ein Mensch normalerweise nur sehr kurze Zeit.
Die über fünfzig Asylsuchenden, die in München das Protestcamp aufgeschlagen haben, nehmen das Risiko zu verdursten in Kauf. Anders als bei ähnlichen Protesten in Würzburg oder Berlin wollen sie sich nicht von leeren Versprechungen der Politik zum Aufgeben bewegen lassen.
Sie wollen den Streik fortsetzen, bis sie vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als politisch Verfolgte anerkannt werden. Dann dürften sie arbeiten, könnten sich frei bewegen und damit beginnen, sich hier ein Leben aufzubauen. Privilegien, die Menschen, deren Asylverfahren noch anhängig ist, oder deren Gesuch bereits abgelehnt wurde, nicht zustehen.
ist Bayernkorrespondentin der taz in München.
Dass die Streikenden in der Münchner Innenstadt bereit sind, für diese Rechte zu sterben, offenbart auf dramatische Weise, wie wenig lebenswert ihnen das Dasein, dass sie derzeit in Deutschland fristen, erscheint. Es ist höchste Zeit, dass die Politik die verzweifelte Lage der Asylsuchenden anerkennt und deren missliche Lage verbessert.
Dazu bedarf es politischer Entscheidung: aus dem bayerischen Sozialministerium und aus Berlin. Man muss anerkennen, dass Asylsuchende auch dann nicht zu einer Rückkehr in ihre Heimatländer zu bewegen sind, wenn man ihnen das Leben in Deutschland so schwer wie möglich macht. Diese Erkenntnis sollte nicht so lange auf sich warten lassen, bis einer stirbt!
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