Iraner Ashkan Khorasani: Der Münchner „Rädelsführer“
„Auf einer Ebene mit Terroristen“: Bayerns Innenminister wirft Ashkan Khorasani vor, die Hungerstreikenden in München zu instrumentalisieren.
MÜNCHEN taz | Er sei ein Bote der Flüchtlinge, hatte Ashkan Khorasani immer wieder betont. Er habe aber kein Mandat, um im Namen der Asylsuchenden zu verhandeln. Diese waren in der vergangenen Woche in der Münchner Innenstadt in den Hunger- und Durststreik getreten, um für die Anerkennung ihrer Asylanträge zu kämpfen.
Jetzt wirft Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) dem 24-jährigen Iraner aber vor, ein „Rädelsführer“ zu sein, der die Streikenden für seine Zwecke instrumentalisiere. Auch Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) kritisierte die „zweifelhafte Rolle“ des Mannes.
Er war zu dieser Einschätzung gekommen, weil sich die zunehmend erschöpften Flüchtlinge immer mehr abgeschirmt hatten. Nachdem sie vor der Presse verkündet hatten, auch nichts mehr trinken zu wollen, durften nur noch Khorasani sowie Ärzte und Rettungskräfte das Zeltlager betreten. Politiker, die mit den Flüchtlingen verhandeln wollten, wurden nicht durchgelassen.
Als sich die Streikenden am Freitag in einer Pressemitteilung mit Bobby Sandes und Holger Meins verglichen – Mitgliedern der RAF und der IRA, die sich in Haft zu Tode gehungert hatten –, war für den Innenminister klar: „Die Rädelsführer haben sich auf eine Ebene mit Terroristen gestellt“ – obwohl die Verlautbarung ausdrücklich von den Streikenden kam.
Mitglied der Opposition im Irak
Khorasani habe im Iran der kommunistischen Opposition angehört und sei deshalb als politisch Verfolgter anerkannt, berichtete Herrmann nach der Räumung. Auch bei den Flüchtlingsprotesten 2012 im unterfränkischen Au sei er als Versammlungsleiter aufgetreten, habe sich im Oktober 2012 an der versuchten Besetzung der nigerianischen Botschaft in Berlin-Mitte beteiligt und sei beim Marsch der Asylsuchenden nach Berlin dabei gewesen. Für den Innenminister ist das offenbar Grund genug, Khorasani zu misstrauen.
Bei der Räumung des Camps am Rindermarkt wurde der junge Iraner wegen Widerstands gegen die Polizei festgenommen. Ein Haftbefehl liege noch nicht vor, wie die Staatsanwaltschaft München mitteilte. Khorasani selbst war am Montag nicht zu erreichen. Sein Telefon ist noch bei der Polizei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Israels Brüche der Waffenruhe
Die USA sind kein neutraler Partner