Kommentar Hondos Doping-Geständnis: Dumm, wer es nicht täte
Danilo Hondo hat gedopt. Und Doping verschärft auch die soziale Spaltung, denn die Kleinen werden erwischt. Betrug muss man sich leisten können.
W ieder ist etwas herausgekommen, was niemanden überraschen muss: Danilo Hondo, schon mal durch Doping aufgefallener ehemaliger Radprofi, hat am Sonntag gestanden, dass er 2011 Blutdoping betrieben habe. Es folgt die bewährte Kombination aus Entsetzen und Empörung. Aber was genau entsetzt daran eigentlich? Dass Hondo möglicherweise seinem Körper Schaden zufügte? Das Argument ist heuchlerisch, denn das tun viele Profisportler täglich, langfristig und öffentlich akzeptiert. Oder glaubt irgendjemand, den Giro zu fahren sei gesund?
Hondo erfüllte den Traum des „Immer weiter, immer schneller“. Nach einer anonymen Studie unter WM-Teilnehmern, die 2017 veröffentlicht wurde, dopt beispielsweise in der Leichtathletik ein Drittel aller SportlerInnen, erwischt wird fast niemand. Dumm also, wer es nicht täte. So viel Edelmut kann man von einem Sportler kaum erwarten, da bräuchte es schon härtere Kontrollen. Und niedrigere Leistungserwartungen.
Einen „schwachen Moment“ nannte Hondo als Begründung für seine Entscheidung, der Sportarzt Mark Schmidt habe „unwahrscheinliche Überzeugungsarbeit“ geleistet. Ob das stimmt, verbietet sich von außen zu beurteilen. Interessant aber ist der Fall Hondo schon: Dem Blutdoping stimmte er mit 37 Jahren zu. Da hatte er eigentlich nichts mehr zu gewinnen, es ging nur noch um das menschliche Bedürfnis, das Karriereende hinauszuzögern.
Offenbar schien Blutdoping trotzdem noch ein verlockender Deal. Das ist bezeichnend – und kein Kompliment für die Kontrolleure, für die Verbände sowieso nicht. Danilo Hondo war letztlich sowieso nur ein zufälliger Beifang der Ermittlungen gegen Dopingarzt Mark Schmidt, der wiederum erst durch einen Kronzeugen aufgeflogen war.
Dabei hat sich in den Laboren durchaus etwas getan. Die Nachweistechniken sind besser geworden, sodass man für diskretes Doping jetzt ordentlich Geld in die Hand nehmen muss. Angeblich zahlte Hondo 30.000 Euro für drei bis vier Eigenblutbehandlungen. Doping schadet also nicht nur dem Wettkampf, sondern verschärft auch noch die soziale Spaltung: Die Kleinen werden erwischt. Betrug muss man sich leisten können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Experten warnen vor Trump-Zöllen
Höhere Inflation und abhängiger von den USA
Die Brennelementefabrik und Rosatom
Soll Lingen Außenstelle von Moskaus Atomindustrie werden?
Klimagipfel in Baku
Nachhaltige Tierhaltung ist eine Illusion