Kommentar Hogesa-Aufmarsch: Köln ist nicht Dresden
Die „Hooligans gegen Salafisten“ werden bei ihrer Jubiläumsfeier in einer deutlichen Minderheit sein. Die Stadt steht zusammen gegen rechts.
E s ist eine schwer erträgliche Vorstellung: Nur eine Woche nach der Messerattacke eines Neonazis auf die damalige OB-Kandidatin Henriette Reker wollen an diesem Sonntag dessen Gesinnungsgenossen gemeinsam mit gewaltbereiten Hooligans in Köln aufmarschieren. Das einzig erfreuliche: Es dürfte ein ungemütlicher Nachmittag für sie werden. Denn Köln ist nicht Dresden.
Es bedarf keiner prophetischen Gabe, um vorherzusagen, dass der Protest gegen die Jubiläumsfeier der „Hogesa“-Krawalle vor einem Jahr ein großer sein wird. Die „Hooligans gegen Salafisten“ (Hogesa) werden in einer deutlichen Minderheit sein. Es ist ein gutes und notwendiges Zeichen, dass alle demokratischen Parteien im Kölner Rat dazu aufgerufen haben, sich an den gewaltfreien Gegenaktionen zu beteiligen.
„Stellen wir uns quer gegen Rassismus und rechte Gewalt!“, heißt es in dem Aufruf von SPD, CDU, Grünen, Linkspartei, FDP, Piraten und der Wählergruppe „Deine Freunde“. Verschiedene Bündnisse – vom antifaschistischen Aktionsbündnis „Köln gegen Rechts“ bis zur KünstlerInnengruppe „AG Arsch huh“ – organisieren Gegendemonstrationen und -veranstaltungen. Sie alle wollen zeigen, dass es in der Domstadt keine Toleranz für rechtsradikales und fremdenfeindliches Denken und Handeln gibt.
Auch die Polizei scheint aus den Fehlern des Vorjahrs gelernt zu haben, als die viel zu geringen Einsatzkräfte nicht verhindern konnten, dass die braunen Schläger in der Innenstadt randalierten. 49 Beamte wurden verletzt. Die damaligen Ereignisse kamen einer Kapitulation des Rechtsstaats gleich. Das Bild eines umgekippten Polizeiwagens vor dem Kölner Hauptbahnhof wurde zum Symbol des Gewaltexzesses. Diesmal wird Polizeipräsident Wolfgang Albers alles aufbieten, damit sich so etwas nicht wiederholen kann.
Schrottareal als angemessener Ort
Ganz bitter für die Hooligans: Anders als beim letzten Mal, als sie darauf „aus Deeskalationsgründen“ verzichtet hatte, will die Polizei jetzt rigoros gegen alle „Hogesa“-TeilnehmerInnen vorgehen, die gegen das Alkoholverbot verstoßen. Eine gute Nachricht.
Die Neonazis und Hooligans dürfen diesmal erst gar nicht in die Innenstadt kommen. Stattdessen müssen sie sich auf der „Schäl Sick“, der rechten Rheinseite, auf dem Barmer Platz trollen. Es gibt kaum einen trostloseren Fleck in Köln. Wenn sich eine solch unappetitliche Veranstaltung schon nicht verhindern lässt, dann ist das Schotterareal hinter dem Deutzer Bahnhof der angemessene Ort.
Der neonazistische Attentäter hat sein Ziel nicht erreicht. Vom Krankenbett aus hat Henriette Reker am Donnerstag ihre Wahl zur neuen Kölner Oberbürgermeisterin angenommen. Am Sonntag sind die Kölnerinnen und Kölner aufgerufen, dem Hass und der Intoleranz gemeinsam entgegenzutreten: Birlikte – Zusammenstehen! Darum geht es.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr