Birlikte-Kulturfestival in Köln: Protest verhindert AfD-Auftritt
Beim Birlikte-Kulturfestival in Köln sollte auch ein AfD-Politiker auftreten. 100 Menschen besetzten kurzerhand die Bühne.

Austragungsort des Birlikte-Kulturfestivals: Köln Foto: imago/Horst Galuschka
KÖLN taz | Unter dem Slogan „Rassist*innen keine Bühne bieten“ besetzten rund 100 Menschen die Bühne des Schauspielhaus Köln-Mülheim. Ihr Ziel: den Auftritt von AfD-Mitgründer Konrad Adam verhindern. Der war zu einer Podiumsdiskussion mit der Migrationsforscherin Naika Fouroutan geladen – ausgerechnet im Rahmen des Birlikte-Festivals, das an die Opfer des NSU-Anschlags in der Keupstraße 2004 erinnern soll. 30 Minuten hielten die Aktivist_innen die Bühne besetzt, dann drehte ihnen Theater-Intendant Stefan Bachmann die Mikrofone ab. Am Ende wurde das gesamte Festival wegen einer Unwetterwarnung abgesagt.
Intendant Bachmann ist enttäuscht von der Aktion. „Das ist eine Form von Meinungsdiktatur“, erklärt er. „Ich hätte gedacht, dass die Stadt und das Festival die Kontroverse aushalten.“ Rainer Schmidt vom Bündnis „Köln gegen Rechts“ sieht darin indes „eine Mischung aus Selbstüberschätzung, politischer Naivität und Profilierungsbedürfnis“. Wer AfD-Mitglieder einlade, schiele auf ein großes Publikum.
„Eine große Anzahl von Betroffenen hat das Gefühl instrumentalisiert zu werden“, hatte die Initiative „Keupstraße ist überall“, in der sich Kölner NSU-Opfer organisiert haben, schon im Vorfeld des Birlikte-Festivals erklärt. Das Kulturfest soll an den NSU-Anschlag im Juni 2004 erinnern, als in der überwiegend von Migranten bewohnten Keupstraße in Köln 22 Menschen durch eine Nagelbombe verletzt wurden.
Viele der Initiativen, die das Festival mitgestalten, hatten daher schon im Vorfeld gegen die Einladung des ehemaligen FAZ-Redakteurs Konrad Adam protestiert. „Es ist eine undemokratische Entscheidung gewesen“, findet Rainer Schmidt von „Köln gegen Rechts“.
OB Reker nennt Einladung „Fehlgriff“
„Für die Einladung müssen wir die Verantwortung übernehmen“, gibt Stefan Bachmann, Intendant des Kölner Schauspiels, zu. Sein Haus hatte die Podiumsdiskussion mit Konrad Adam gemeinsam mit dem WDR geplant. Unterstützung erhielt er am Sonntag von Meral Sahin von der Einzelhändler-Vereinigung IG Keupstraße, die auf der Bühne ausgepfiffen wurde. „Ich hätte gerne von Konrad Adam gewusst, in welcher Form ich störe – von Angesicht zu Angesicht“, sagte sie später.
Andere wollten auf diese Begegnung lieber verzichten. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos), die im Oktober 2015 bei einem rechtsextremen Attentat lebensbedrohlich verletzt wurde, sagte am Sonntag in Mülheim, sie werde der Diskussion mit Adam fernbleiben. Die Einladung sei ein „Fehlgriff“ gewesen.
Als Sieger fühlte sich letztlich jemand, der am Sonntag nicht vor Ort war: die AfD. Am Sonntag abend postete der Kölner Ortsverband eine Erklärung auf Facebook, in der er das „geistig verklemmte Meinungsklima“ in der Stadt beklagte. Darunter war ein Foto von ein paar AfD'lern beim Bier, in der Mitte: Konrad Adam. Auch wenn er kein Wort gesagt hat – alle haben über ihn geredet.
Leser*innenkommentare
12294 (Profil gelöscht)
Gast
Nee, nicht einfach nur ne andere Art, ne faulere Art. Und man muss sich nicht nur keine Argumente einfallen lassen, sondern man macht nicht nur die Gegenposition, sondern auch die Person an sich lächerlich.
Und sorry, aber "die Demokratie scheißt auf uns" klingt für mich zu sehr nach "wir sind das Volk."
12294 (Profil gelöscht)
Gast
Die Arroganz der Bühnenbesetzer*innen ist m.E. sehr gefährlich. Wer entscheidet, was noch sein darf und was nicht? Irgendein Mob, der je nach Zusammensetzung genauso gut entscheiden könnte, dass er keine Schwulen / unverhüllten Frauen / Moslems auf der Bühne haben will? Es gibt durchaus andere Formen des Protests, und die hätten hier gereicht.
88181 (Profil gelöscht)
Gast
Sie meinen man hätte einfach brav sagen sollen, dass man keine Nazis auf der Bühne einer Veranstaltung zum Gedenken von Opfern eines Nazianschlags wünscht.
Da sage ich mal mit Tucholsky: "Küsst die Faschisten wo immer ihr sie trefft."
Neinjetztnicht
@12294 (Profil gelöscht) Stimmt, warten bis die Show läuft und dann wieder die Torte sprechen lassen... (ich werd echt zum Fan)
12294 (Profil gelöscht)
Gast
@Neinjetztnicht Was finden Sie denn an Torten so viel besser als an einem "Nein, da stimme ich nicht zu, weil..."? Torten werden in Zukunft auch keine Presse mehr generieren, das gab's jetzt einmal zu oft.
Neinjetztnicht
Was heißt besser; diskutieren ist immer schön.
Torten sind einfach eine andere Art Mißfallen auszudrücken, radikaler. etwas militant. Aber nicht so verletzend wie ein Stein. Eher gewürzt mit einer Prise Humor...
Ob es fürs Torten in Zukunft keine Presse mehr gibt, wage ich mal zu bezweifeln... wenn Politiker mit was auch immer beworfen werden, gibt es immer Presse. Aber selbst wenn nicht: es muss nicht immer um jede Aktion einen riesen Wirbel geben. Hauptsache die Botschaft kommt an.
Und ja, es mag kein besonders demokratisches Mittel sein, aber die Demokratie scheißt so häufig auf uns, da kann man auch mal zurück sch(m)eißen.
Lowandorder
Ja wie ? Claus Leggewie -
Gepflegte Diskussion mit AfD-lern?
Träum weiter - Junge!
Jürgen Matoni
Tja, so ist das eben. Mit absolut demokratischen Mitteln gegen rechts, hilft also
Dideldidum
Von wegen Demokratische Mittel, mit dem gleichen Recht können dann NPD Mitglieder nächstes Jahr auf das Fest kommen und einen Protest gleicher Art abhalten, will das wirklich jemand?
Blockaden dieser Art sind der Versuch eine Meinung zu unterdrücken statt sie zu demontieren. Das stärkt lediglich den Opfergedanken der AFD...
88181 (Profil gelöscht)
Gast
Wie widerlich ist die Idee, zu einem Fest, dass an die Opfer eines Nazi-Terroranschlags erinnert jemanden einzuladen, der zu einer Partei gehört die man als Wegbereiter des Terrors bezeichnen kann?