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Kommentar Hamburg-KoalitionGrün für Schwarz

Ulrike Winkelmann
Kommentar von Ulrike Winkelmann

Nur wenige Grüne kamen zum Landesparteitag über die Koalition mit der CDU in Hamburg. Dort flogen keine Farbbeutel - wegen den großen grünen Verhandlungserfolgen.

D ie Hamburger Grünen wussten am Sonntag nur zu gut, dass sie eine "historische Entscheidung" zu fällen hatten - für das erste schwarz-grüne Regierungsbündnis auf Landesebene. Vom schwarz-grünen Gelingen in Hamburg hängt maßgeblich ab, ob CDU und Grüne nun auch im Bund eine neue Koalitionsoption haben.

Doch: Es strömten bei weitem nicht so viele Mitglieder zum angeblich historischen Landesparteitag wie zuvor großspurig angekündigt. Denn längst war die politische Spannung aus der Diskussion gewichen. Es flogen keine Eier oder Farbbeutel, die Hamburger Grünen mochten kein Zerrissenheitsspektakel hinlegen, sondern stimmten stattdessen anstandslos für die Koalition mit der CDU. Relativ große grüne Verhandlungserfolge, eine kluge Mitbestimmungsregie durch die Parteiführung, nicht zuletzt eine sprach- und argumentationslose SPD machten es möglich.

Deren Hamburger Spitzenkandidat Michael Naumann hatte ein rot-rot-grünes Bündnis immer ausgeschlossen. Deshalb hatten Rot-Rot-Grün-Befürworter auch bei den Grünen von vornherein einen schlechten Stand. Zur Debatte stand also lediglich "Regieren oder nicht?" - und das muss man die Grünen schon lange nicht mehr fragen. Umso beschämender ist es, dass mancher der Kritiker, die auf dem Parteitag doch noch das Wort ergriffen, unterbrochen oder ausgebuht wurde.

Zwar haben die Grünen für 9,6 Prozent der Wählerstimmen recht viel Substanz in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt. Doch ist damit noch nicht das Risiko bemessen, dass die grünen Inhalte im Regierungsgeschäft dann doch Opfer der unzähligen Prüfaufträge und Sollbestimmungen im Vertragswerk werden. Auch ist damit noch nicht der Glaubwürdigkeitsverlust bemessen, den die Grünen dadurch erlitten haben, dass sie ja mit aller Energie gegen die CDU Wahlkampf gemacht haben. Oft genug haben Wähler ein längeres Gedächtnis als Politiker. Oft genug zahlt bei komplexen Koalitionen bei der nächsten Wahl der kleinere Partner drauf. Am Ende könnte Ole von Beust als CDU-Modernisierer im Geschichtsbuch stehen - und die Hamburger Grünen würden als jene gelten, die das möglich machten.

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Ulrike Winkelmann
Chefredakteurin
Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.
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