Kommentar Guttenberg-Affäre: Weitere Lügen kosten das Amt
Ein Rücktritt des Verteidigungsministers wird, wenn er so weitermacht, unausweislich sein. Dass er rechtswidrig plagiiert hat, ist schon längst klar.
I n der Guttenberg-Affäre sind zwei Fragen auseinanderzuhalten. Muss Karl-Theodor zu Guttenberg auf den Doktortitel verzichten, und muss er als Minister zurücktreten? Ersteres ist längst zu bejahen, Letzteres wird - wenn zu Guttenberg so weitermacht - bald auch unausweichlich sein.
Der Doktortitel kann aberkannt werden, wenn sich die ungekennzeichnete Übernahme fremder Textpassagen "insgesamt auf mehrere Seiten erstreckt und wiederholt und in Bezug auf verschiedene Autoren eingesetzt worden ist", so der Verwaltungsgerichtshof Mannheim in einem Urteil von 2008. Dass zu Guttenberg in diesem Maße plagiiert hat, ist längst bewiesen. Ob es nun 10, 50 oder 200 Seiten betrifft, macht da keinen Unterschied mehr.
Zu Guttenberg kann sich auch nicht damit verteidigen, dass seine Arbeit ohne die beanstandeten Stellen immer noch den Doktortitel wert wäre. Entscheidend ist, dass er planmäßig und in größerem Umfang getäuscht hat, so die Rechtsprechung.
CHRISTIAN RATH ist rechtspolitischer Korrespondent der taz. Er lebt und arbeitet in Freiburg.
Wie man zu Guttenberg kennt, wird er sich den Doktortitel wohl nicht aberkennen lassen, sondern ihn in den nächsten Tagen freiwillig ablegen.
Doch welche Auswirkungen hätte die private wissenschaftliche Unredlichkeit auf sein Ministeramt? Wenn er Wissenschafts- oder Justizminister wäre, hätte er im Kern seiner Aufgabe die Glaubwürdigkeit verloren und müsste automatisch zurücktreten. Für andere Minister gelten jedoch mildere Maßstäbe.
Entscheidend ist hier vielmehr das Verhalten bei der Aufklärung der Affäre. Wenn Karl-Theodor zu Guttenberg heute immer noch behauptet, er habe "zu keinem Zeitpunkt bewusst getäuscht", dann ist das eine blinde Realitätsverweigerung oder eine dreiste Lüge. Das mag man als spontane Reaktion in der Woche des Ertapptwerdens vielleicht noch verzeihen können. Wenn er an dieser Verharmlosungsstrategie jedoch festhält, wird ihn das sein Amt kosten, weil er dann jede Autorität verloren hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers