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Plagiierter FU-Student Daniel Pentzlin"Ich danke Herrn Dr. Guttenberg"

Daniel Pentzlins Erstsemesterarbeit tauchte in Guttenbergs Doktorarbeit auf. Pentzlin nimmt's aber locker und freut sich, dass die Sozialwissenschaften als "ernstzunehmend" vorkommen.

"Ich bin damals mit hohem Anspruch an die Arbeit herangegangen", sagt Daniel Pentzlin. Bild: kallejipp / photocase.com
Interview von Falk Lüke

taz: Offenbar hat Baron Karl-Theodor zu Guttenberg aus Ihrer Arbeit für seine Dissertation zitiert. Wie haben Sie überhaupt davon erfahren, dass Sie kopiert wurden?

Daniel Pentzlin: Meine Ex-Freundin hat mir am Wochenende eine SMS geschrieben, in den deutschen Medien ist Guttenberg ja omnipräsent. Und auch bei uns, den deutschen Expats in Brüssel, ist die Debatte in aller Munde. Ich hätte natürlich in keiner Weise gedacht, dass das etwas mit mir zu tun haben könnte. Als sich das jetzt rausstellte, fand ich das zunächst einmal äußerst amüsant.

Wie war das damals, als Sie die Arbeit schrieben? Was hat Sie inspiriert?

Ich erinnere mich daran, dass ich, während ich diese Erstsemesterarbeit schrieb, sehr fasziniert war von einer Rede des damaligen EU-Botschafters in den USA, Günter Burghardt – die ich auch zitiert habe (lacht). Ich hab mich sicherlich an diese Rede angelehnt, vielleicht hat Guttenberg ja auch diese Rede gesehen und benutzt.

Bild: privat
Im Interview: DANIEL PENTZLIN

DANIEL PENTZLIN (31) studierte 2002-2007 am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin Politik. Im ersten Semester schrieb er eine Hausarbeit, von der nun Teile im Guttenplag-Wiki aufgetaucht sind. Pentzlin ist bei der Umweltschutzorganisation "Friends of the Earth Europe" in Brüssel tätig und kümmert sich dort um Corporate Acccountability, also die ökologische und soziale Nachhaltigkeit von Firmen in den Produktionsländern. Ehrenamtlich ist er für den Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland aktiv.

Professor Dieter Löcherbach hat die Arbeit danach anonymisiert als positives Beispiel im Netz veröffentlicht...

Ja, und ich habe die Arbeit, die online steht, noch einmal mit meiner Arbeit verglichen – Professor Löcherbach hat daran nichts verändert, bevor er sie ins Netz gestellt hat.

Würden Sie die Arbeit, wenn Sie sie noch einmal schreiben würden, heute noch genauso schreiben?

Ich bin damals mit einem sehr hohen Anspruch an diese Arbeit herangegangen, und da es meine erste Hausarbeit im Fach Politikwissenschaft war, hatte ich auch Angst, den Anforderungen dieses Faches nicht gerecht zu werden. Ich hab sehr viel Zeit aufgebracht, sehr viel dafür gelesen und es lässt sich sicher nachprüfen, dass ich mich sehr intensiv mit meinen Quellen beschäftigt habe. Soweit ich mich erinnere, hab ich mich in der Struktur sehr an die Rede des EU-Botschafters angelehnt. Ich würde heute aber freier schreiben und mir weniger Druck beim Verfassen machen.

Macht es einen Politikwissenschaftler stolz, wenn die Einführungsseminararbeit offenbar schon auf dem Niveau einer juristischen Dissertation mit "summa cum laude" lag?

Ich danke Herrn Dr. Guttenberg für die Gelegenheit, die Qualität und Bedeutung der Sozialwissenschaften einem so breiten Publikum als ernstzunehmende Wissenschaft zu präsentieren.

Selbst haben Sie ja bislang nicht promoviert. Warum?

Ich hab mich vorerst nicht für eine wissenschaftliche Karriere entschieden und kann in meinem beruflichen Alltag in Brüssel das Gelernte bestens einsetzen. Ich denke, dass es Sinn macht, als Politikwissenschaftler den Politikalltag lebenspraktisch zu erfahren. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, nochmal in den Wissenschaftsbetrieb zu gehen, auch mit der praktischen Erfahrung, die ich gesammelt habe. Ob das mit einer Doktorarbeit verknüpft ist oder nicht, spielt dabei für mich keine Rolle.

Und sind Sie gar nicht sauer auf den Kopisten?

Nö, überhaupt nicht. Ich denke, das ist eine amüsante Geschichte, die ich gut bei einem Bier mit Kollegen oder einem Wein bei Familie oder Freunden erzählen kann.

Und selbst, im Studium auch einmal den Guttenberg gemacht?

Nicht, dass ich mich erinnern könnte. Ok, ich revidiere das ein bisschen: ich habe in all meinen Hauptstudiumsarbeiten einen bestimmten Absatz – selbstgeschrieben – eingebaut. Aber das ist ja nicht verboten.

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12 Kommentare

 / 
  • RS
    Rosi Schuster

    Ein sehr gelungenes Interview, man würde Gutti die Lässigkeit und geistige Klarheit von Daniel Pentzlin wünschen!

  • MS
    Monika Siebecke

    Ich verstehe ja den Unmut darüber, dass Herr zu Guttenber sich zu sehr mit einer landesweit geschmähten Zeitung eingelassen und die übrige Presse nicht ebenso liebevoll behandelt hat. Da muss man doch die Gelegenheit nutzen, es ihm heimzuzahlen, wenn er sich auf so idiotische Weise angreifbar gemacht hat. Trotz seines Fehlverhaltens darf die weitere Behandlung durch Presse und Opposition aber nicht den Eindruck einer Hexenjagd vermitteln. Dies könnte auf die Angreifer zurückfallen, auch wenn sie noch so Recht haben. Es könnte ja sein, dass Herr zu Guttenberg sich jetzt doppelt bemüht, durch gute Arbeit als Minister sein Fehlverhalten vergessen zu machen. Übrigens Hut ab vor Herrn Pentzlin, er hat sich in dem Interview gelassen und souverän verhalten und sich in keiner Weise instrumentalisieren lassen.

  • DH
    Dr.Klaus Heine

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    Man mag über diese Titel-Neigung denken, wie man will.

    Heute schmunzle ich selbst über meinen Drang, zu promovieren. Wenn der Titel solcher Arbeit für den eigenen Beruf erweiternde Erkenntnisse bringt und damit auch von Nutzen ist, könnte das von geringem Vorteil sein.

    Wenn ein Mensch abschreibt und nicht sagt, von wem er abgeschrieben hat, nennen wir das geistigen Diebstahl. Bei "Otto-Normalverbraucher" wird das dann "juristisch umgesetzt",.......bei Politikern nicht, oder nur kaum!

    Frau Merkel, (Dr.Merkel)- was ist denn nun Ihre Promotion wert?- für Sie selbst und/oder für Andere?....oder meine Arbeit? Alles Schnuppe? Ich finde das Alles ziemlich traurig und enttäuschend. Das sind nicht die Volksvertreter, die wir uns als "einfache Menschen" wünschen. Wir brauchen sie auch nicht, bzw.können auf sie verzichten, denn so gut waren sie scheinbar doch nicht, daß wir an ihnen kleben möchten.

  • A
    Anonymous

    " Im Sport gilt:

    Wert dopt oder falsch spielt, der fliegt - und zwar VÖLLIG EGAL welcher Mannschaft er angehört, und unabhängig davon, ob man den Betrüger für "nett" oder "sympatisch" hält. "

     

    Wenn ich im Fussball dope, bin ich dann auch beim Boxen gesperrt?

  • RO
    Roy Orbital

    Ja die altbewährte mubaraksche Salamitaktik. Den kriegen wir auch noch wenn er mal Minister werden will.

  • H
    hdtom

    Wann wird nun hinterfragt, wer das Guttenbergsche Machwerk überhaupt als "doktortitelwürdig" angenommen und bewertet hat? Filzläuse an der Uni Bayreuth ...?

  • G
    Gloria

    Ja,da können sich Daniel Pentzlins und alle anderen geehrt fühlen, heran gezogen worden zu sein für die

    "nur-quasi-Doktor!!!-Arbeit" des Herrn von zu Guttenberg.

     

    Welcher eitler Esel muss ihn ihm sein,bei allem was dem "Herrn" von der Herkunft/dem Geld/dem Einfluss ermöglicht wurde, dass jener meint, "nur" von Fehlern zu reden und der Doktortitel, so falsch wie bekommen, schnell mal wieder abgelegt werden möchte.

     

    Nun zeigt sich:

    Auch wieder ein Blender,

    ein Berliner Karrierist

    aus dem bayerisch Verwurzeltem,

    ein Snob

    ...und...

    ...und

    ein Lügner!

     

    Und ein grandioser Schauspieler!

     

    Lasst ihn fallen und dann Merkel und dann..und noch mehr....!

  • DC
    diana c.

    Im Sport gilt:

    Wert dopt oder falsch spielt, der fliegt - und zwar VÖLLIG EGAL welcher Mannschaft er angehört, und unabhängig davon, ob man den Betrüger für "nett" oder "sympatisch" hält.

     

    Die Guttenberg-Jünger zeigen jetzt schön ihr wahres Gesicht und ihren Verlogenheit! Es geht ihnen nicht um Fairplay oder die Wahrheit - es geht ihnen darum, Betrug, Unehrlichkeit und Versagen für Personen mit dem "richtigen Parteibuch" zu rechtfertigen - gleichzeitig mit gespaltener Zunge dasselbe Vergehen nur für "die Anderen" bei jeder Gelegenheit als Schande und Skandal hinzustellen.

     

    Liebe Guttenberg-Fans, was würdet ihr (gemeinsam mit dem dem Guttenberg-Hofberichterstatter der Bild-Zeitung: http://www.bildblog.de/tag/bild-und-die-guttenbergs/) machen, wenn EXAKT DASSELBE jemand anderen, um ein schönes Feindbild zu nennen z.B. einem Gregor Gysi vorgeworfen werden würde??? Die Herrschaften, die das jetzt als "nicht der Rede wert" abtun, würden einen Anfall bekommen, ein Geschrei losbrechen und neben Aberkennung aller Rechte, Rücktritt, Vertreibung oder Topdesstrafe vor nichts zurückschrecken....aber der nette Millionenerbe von der christlichen Partei, hat für euch natürlich nach wie vor eine absolut weiße Weste - schon klar, wie eure "saubere Moral" tickt.

     

    Und mal ganz nebenbei:

    Ein Mensch, der alleine schon wegen so einem für seinen Job völlig unerheblichen Doktortitel betrügen, fälschen und unsauber arbeiten würde (der Titel ist für ihn ja einzig und allein zum Wichtigmachen und sich selbst Inszensieren da - niemand benötig den wirklich)....was würde dieser Mensch wohl erst unsauberes und betrügerisches machen, wenn es hart auf hart geht und wenn er im politischen Geschäft etwas erreichen will?

     

    Wer einmal beim Schummeln überführt wurde, hat bereits seinen wahren Charakter gezeigt. Diese Person würde in der Poltitik den Bürger genauso (wenn nicht noch übler) hinters Licht führen und begtrügen, nur um hinterher selber gut dazustehen.

     

    Also mal im Ernst: Wie dumm müssen die Menschen sein, wenn sie ernsthaft einen unfähigen Schummler, Trickser und Blender als "Vorbild" wählen und sogar von diesem als Volksvertreter vertreten werden wollen? Der feine adelige Herr wird genauso wie bei seiner Doktorarbeit jeden Bürger über den Tisch ziehen solange er einen Vorteil daraus ziehen kann.

  • D
    Danny

    Ich verstehe die Kritik ebenson wenig, zumal der "Plagiierte" sich nun gerade nicht präsentiert, sondern mit der "Beim Bier erzählen"-Idee eher durch Understatment auffällt.

  • RT
    redaktion taz.de (seeliger)

    Gerade dieser Fall ("der FU-Erstsemester") hat viele Menschen interessiert. Ihre Kritik, @Hamburger, ist für uns schwer nachvollziehbar. Können Sie vielleicht konkreter werden?

  • M
    matto

    Was mich viel mehr wundert, ist dass

    es immer noch vor allem natürlich konservative

    Leute gibt, die lieber einen Verteidigungsminister haben der, wie kaum ein anderer das "Mehr Schein als Seien" zu seiner Lebensphilosophie gemacht haben scheint.

    Merkwürdig daran vor allem: Hier wurden gerade konservative Werte mit Füßen getreten. Wie: Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und zu seinen Taten stehen.

     

    Vielleicht sind diese moralischen Werte aber auch gar nicht so konservativ und die Schulterschlüssler aus diesem Lager halten es lieber mit der guten alten Kameradschaft.

  • H
    Hamburger

    Es wundert mich warum sich erst jetzt diejenigen melden, die sich auf dem Rücken der politischen Krise, die zu Guttenberg durch seine gefälschte Doktorarbeit ausgelöst hat, präsentieren wollen.

    Dass dagegen die taz ein Interview samt Porträt spendiert und es auf der Startseite des Internetauftritts platziert, überrascht mich leider gar nicht.