piwik no script img

Kommentar GriechenlandWir üben den Staatsbankrott

Reiner Metzger
Kommentar von Reiner Metzger

Nicht private Gläubiger, die EZB wird Griechenlands Umschuldung wegstecken müssen. Die erste Staatspleite in der Euro-Zone ist eine Übung, für die die EU aber mehr Zeit bräuchte.

W olfgang Schäuble hat einen Sieg errungen. Er hat die deutschen Parlamentarier überzeugt, weitere Milliardenhilfen für Griechenland zu genehmigen. Schäubles Argument, dass sich nun endlich auch die privaten Gläubiger an der Umschuldung beteiligen müssten, wurde dabei von den Abgeordneten dankbar aufgenommen.

Allein: Diese Einsicht kommt mindestens ein Jahr zu spät. Genaue Zahlen sind ja immer Mangelware, wenn es in Deutschland zu schwerwiegenden Entscheidungen kommt. Aber soweit man das Zahlenwirrwar durchblickt, haben private Gläubiger gar nicht mehr so viele griechische Schulden in den Büchern stehen - außer Banken und Anleger in Griechenland selbst und natürlich die deutschen Landesbanken und staatseigenen Bankrottinstitute, die wir seit der Finanzkrise am Hals haben.

Private Banken und Versicherungen europaweit haben nach den Statistiken einen großen Teil ihrer griechischen Anleihen abgestoßen, vor allem an die Europäische Zentralbank. Wenn sich nun die Gläubiger an einer Umschuldung beteiligen müssen, dann trifft dies also vor allem die EZB (die selbst zweistellige Milliardenverluste locker wegsteckt) und die deutschen Landesbanken und damit deutsche Bankkunden oder Steuerzahler.

taz

REINER METZGER ist stellvertretender Chefredakteur der taz.

Es geht also beim neuen Hilfspaket nicht um private Gläubiger, sondern letztlich um die Frage, ob man die griechischen Banken und damit vielleicht das griechische Finanzsystem in den kommenden Monaten absaufen lässt oder nicht. Derzeit ist die Meinung der Euro-Finanzpolitiker: auf keinen Fall. Und sie liegen wohl richtig damit. Denn was wir erleben, ist der erste Staatsbankrott seit Bestehen des Euros. Da müssen alle noch üben, und dafür braucht ein Staatenverbund wie die EU mehr Zeit, als bisher zur Verfügung stand.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Reiner Metzger
Leiter Wochenendtaz
Reiner Metzger, geboren 1964, leitet taz am Wochenende zusammen mit Felix Zimmermann. In den Bereichen Politik, Gesellschaft und Sachkunde werden die Themen der vergangenen Woche analysiert und die Themen der kommenden Woche für die Leser idealerweise so vorbereitet, dass sie schon mal wissen, was an Wichtigem auf sie zukommt. Oder einfach Liebens-, Hassens- und Bedenkenswertes gedruckt. Von 2004 bis 2014 war er in der taz-Chefredaktion.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • G
    guntherKummerlande

    Wer zeichnete sich eigentlich zeichnete

    sich eigentlich verantwortlich die EZB

    als Bad Bank für einen bankrotten EU-Migliedsstaat

    fungieren zu lassen und die privaten

    Geldinstitute nahezu verlustfrei davonziehen zu lassen, sofern es sich nicht eh schon

    um eine von einen Mitgliedsstaat gestützte

    Bank handelte?

    Wer unterbreitete die Vorschläge dafür?

     

    Der Einfluss der Banken auf die Hoheit des

    Finanzmarktplatzes Europa scheint größer

    als der der Staatsregierungen zu sein

    und der halben Milliarde Menschen, die hier leben.

     

    Weshalb dürfen die Banken überhaupt Zinsen verlangen,

    wenn für die Ausfallrisiken der Steuerzahler zu blechen hat. Damit fehlt die Risikoausfallwahrscheinlichkeit auf Null und damit

    ein wichtiger Grund überhaupt Kredite bei

    der Bank aufzunehmen und nicht gleich Subventionen

    zu kassieren.

    Hätte man nämlich das Geld für Immobilienblasen

    direkt als Subvention ausgezahlt ohne den Zwischen-

    händler Bank und ohne Zinsbelastung und Gebühren,

    wären die Krise nur halb so relevant bis

    möglicherweise kaum existent.

    Mit mehr Menschlichkeit läßt sich am Ende

    immer noch effizienter Handel betreiben, als

    mit Kreditvergabe ohne Bankenhaftung.

    Eigentlich müßten die Ansprüche

    auf Zinseinkünfte von Seiten Banken erlöschen,

    wenn diese nicht für die Ausfallrisiken

    gerade stehen können.

    Das Einfordern von Zinsen sollte nur dann erlaubt

    sein, wenn die Kreditausfallrisiken innerhalb

    des Bankenhandelverbundes ohne Zusatzhilfe

    vom Staat oder Europäischen Institutionen

    gebürgt werden kann. So müßte es in einen logischen

    Finanzsystem funktionieren.

  • MI
    made in greece

    Genau deshalb wird das Ganze ja verzögert, solange bis die Banken ihre Staatsanleihen zu horrenden Preisen an die EZB "abgestossen" haben und das, obwohl sie alle mit CDS gegen Kreditpleiten versichert sind. Offensichtlich geht es um "Rettung" der Versicherungskonzerne und passend dazu, daß die Münchner Rück in der Sahara Sonnenkraftwerke bauen lassen will, wird in Griechenland alles unternommen, um möglichst wenig Sonnenenergie zu tanken und den dummen Griechen stattdessen deutsche Windräder anzudrehen - NUR für deren Transport dann noch die letzten Wälder und Inseln zerstört werden.

    Um die Rettung Griechenlands geht es bei diesen "Sparmaßnahmen" nicht im Geringsten, höchstens um die Rettung des Staates und seine korrupten Wahlkampflügner.

    (Weiter)Senkung vom Mindestlohn im privaten Sektor um 150 Euro auf unter 600 für alle jüngeren Beschäftigten und Erhöhung der Arbeitszeit auf 10 Stunden, bei 16% offizieller Arbeitslosigkeit, ist kein Sparen, sondern Ausverkauf.

    Ziel ist die Schaffung eines Billiglohnlandes und nicht Rettung.

    Touristen dürfen sich dann ganz umweltfreundlich daran beteiligen und von Galeerensklaven durch die Ägais paddeln lassen und weil die Deutschen uns so geholfen haben, dürfen sie auch ohne Aufschlag peitschen.