Kommentar Greenpeace-Aktivisten: Amnestie für Rowdys
Die Greenpeace-Aktivisten sind keine Piraten mehr, sondern nur noch Rowdys. Russland versucht verzweifelt, einen Gesichtsverlust zu vermeiden.
D ass Russlands Strafverfolgungsbehörden die inhaftierten 30 Greenpeace-Aktivisten nur noch als „Rowdys“ und nicht mehr als „Piraten“ werten, dürfte bei Greenpeace keine Freudenstürme ausgelöst haben. Die Aussicht auf maximal sieben statt der befürchteten 15 Jahre Haft ist nicht wirklich ein Trost.
Möglicherweise wurde der Vorwurf der Piraterie fallengelassen, weil man eine Verurteilung wegen „Rowdytums“ für juristisch weniger angreifbar hält. Auch ein russisches Gericht könnte sich der Sichtweise der Greenpeace-Anwälte anschließen, dass die Gazprom-Plattform kein Schiff, sondern eine künstliche Insel ist – und dann wäre der Vorwurf der „Piraterie“ haltlos. Mit einer derartigen Einschätzung wäre das Gericht auf der sicheren Seite, hatte doch auch Präsident Putin verlauten lassen, dass die Greenpeacer keine Piraten seien.
Wahrscheinlicher ist jedoch, dass man in Russlands Regierung inzwischen verzweifelt nach einem Weg sucht, diese Krise ohne Gesichtsverlust zu beenden. Mit der geänderten Anklage sind drei Szenarien einer Freilassung der Aktivisten noch in diesem Jahr vorstellbar: Angesichts des geänderten Vorwurfs muss neu über die Untersuchungshaft entschieden werden. Die Aktivisten könnten so bis Prozessbeginn freigelassen werden mit der Auflage, Russland nicht zu verlassen.
Russland könnte die Aktivisten aber auch kurz vor dem Urteilsspruch des Internationalen Seegerichtshofes freilassen und sich so eine Blamage auf der internationalen Bühne ersparen. Möglich ist auch ein drittes Szenario, dem zufolge die angeblichen „Hooligans“ unter die anlässlich des 20. Jahrestages der Verfassung geplante Amnestie fallen. Dann wären die Umweltschützer spätestens am 12. Dezember auf freiem Fuß. Als „Piraten“ hätten die Greenpeacer keine Chance gehabt, amnestiert zu werden.
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