piwik no script img

Kommentar GesundheitsfondsHeimliche Geldverschwendung

Matthias Lohre
Kommentar von Matthias Lohre

Gesundheitsministerin Schmidt betont immer wieder, dass der Gesundheitsfonds kein Geld kostet. Das stimmt nicht: Er hat jetzt schon einen ganze Menge verschlungen.

D ie Gesundheitsministerin liebt ihre Rolle als Kämpferin gegen Pharmalobbyisten, Unions-Ministerpräsidenten, Ärzte- und Apotheker-Verbände. Ulla Schmidts Auftrag: die Gesundheit der Bürger. Ihre Behandlung müsse bezahlbar und trotzdem auf dem neuesten Stand bleiben. Diese Selbststilisierung hat die SPD-Politikerin auch am Dienstag gewählt. Da beklagte sie öffentlich, Ärzte, Ministerpräsidenten und Gewerkschafter behinderten den Preiswettbewerb bei Medikamenten. So weit, so richtig. Doch während die Ministerin einerseits Geldverschwendung geißelt, gibt sie selbst Milliardensummen ohne erkennbaren Nutzen aus, um die Einführung des Gesundheitsfonds ja nicht zu gefährden. Bezahlen müssen dies die Steuer- und Beitragszahler.

Auf den Fonds, die zentrale Geldsammel- und Umverteilungsmaschine in der Hand des Bundes, ist Schmidts ganze Energie gerichtet. Gemeinsam mit der Kanzlerin kämpft sie für ein in dieser Form nutzloses Konstrukt, das ab 2009 die Kassen weiter entmachten und irgendwann das Fundament einer Bürgerversicherung bilden soll. Andere Brandherde des Gesundheitssystems versucht Schmidt eilig mit Geld zu löschen, doch sie schwelen weiter.

Da ist beispielsweise ihr ständiger Kampf mit den Ärzten: Deren Forderungen nach 10 Prozent mehr Honoraren hat sie uneingeschränkt nachgegeben - ohne eine Gegenleistung einzufordern. Im Gegenteil: Dadurch hat Schmidt den von ihr selbst geschaffenen Spitzenverband der Krankenkassen als Verhandlungspartner der Ärzte diskreditiert.

Oder das Beispiel Krankenhausfinanzierung: 3 Milliarden Euro mehr verspricht die Ministerin den 2.100 Kliniken. Doch die Länder, die sich seit Jahrzehnten ihrer Pflicht zur Kofinanzierung immer stärker entziehen, lässt sie unbehelligt. Und warum? Weil Schmidt in den kommenden Wochen den zentralen Beitragssatz für die Kassen festlegen muss und für dessen Berechnung Verhandlungsergebnisse mit Ärzten und Kliniken braucht: Ruhe an den Nebenfronten, um Kraft für ihre Offensive zu haben. Die Ministerin betont immer wieder, der Gesundheitsfonds an sich werde kein Geld kosten. Sie liegt falsch: Er hat schon jede Menge gekostet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wird von der Kritik gefeiert.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!