Kommentar Gestoppter Panzerdeal: Finger weg von Rüstungsgeschäften
Waffendeals mit der Türkei waren von vornherein eine schlechte Idee. Ein schwerer Fehler Sigmar Gabriels entwickelt sich jetzt zum Debakel.
M an soll keine Versprechen machen die man nicht halten kann. Es bleibt ein Rätsel, wie Sigmar Gabriel, zweifellos ein erfahrener Politiker, im Rahmen seiner Wiederannäherungspolitik in Sachen Türkei öffentlich versprechen konnte, einen Panzerdeal zu befürworten. Noch dazu mit einigem Pathos in der Stimme, als er sagte, er wisse nicht, wie er das Ansinnen seines türkischen Kollegen ablehnen könne.
Denn es sollte ja darum gehen, den Panzerschutz gegen Minen und anderes Ungemach zu verbessern, damit die türkische Armee noch besser gegen den sogenannten Islamischen Staat vorgehen könne. Nun hätte Gabriel auch damals in Goslar schon wissen können, dass der Islamische Staat nicht zu den Hauptkontrahenten Erdogans in Syrien gehörte und vor allem in naher Zukunft nicht mehr gehören wird.
Er hätte wissen können, dass Rüstungsgeschäfte mit der Türkei immer heikel sind und man über vieles sprechen kann, doch möglichst nicht über deutsche Panzer – deren Export an den Bosporus immer wieder für Ärger gesorgt hat. Je klarer man deshalb der Türkei macht, dass Waffenlieferungen aus Deutschland nicht zu erwarten sind, umso besser lässt sich dann über andere mögliche Geschäfte reden.
Seine unheilvolle Verknüpfung von möglichen Waffenlieferungen und der Freilassung von Deniz Yücel war schon vor dem Einmarsch der türkischen Armee im syrischen Afrin ein schwerer Fehler. Jetzt wird sie zu einem Debakel.
Die richtigen Schlüsse ziehen
In Absprache mit der geschäftsführenden Kanzlerin Angela Merkel musste der geschäftsführende Außenminister Sigmar Gabriel jetzt die Reißleine ziehen und verkünden, dass erst eine neue ordentlich im Bundestag gewählte Regierung darüber entscheiden wird, ob Rheinmetall die türkischen Leopard Panzer mit einem neuen Minenschutz versehen darf oder nicht.
Die türkische Regierung hat nun einen neuen Vorwand, sich über den deutschen Bündnispartner zu empören, und wird ihrerseits Schritte zur Verbesserungen der Beziehungen auf die lange Bank schieben.
Hoffentlich wird die zukünftige Bundesregierung aus diesem Desaster die richtigen Schlüsse ziehen. Die Beziehungen zur Türkei sind schwierig und haben immer auch eine moralische Komponente, gerade in Zeiten, in denen Demokratie, Rechtsstaat und Meinungsfreiheit so sehr bedroht sind wie heute. Finger weg von Rüstungsgeschäften muss da das Gebot der Stunde sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Aktionismus nach Magdeburg-Terror
Besser erst mal nachdenken
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Gedenken an den Magdeburger Anschlag
Trauer und Anspannung