piwik no script img

Kommentar Geschenke für Po­li­zis­t*in­nenFader Beigeschmack und Ignoranz

Katharina Schipkowski
Kommentar von Katharina Schipkowski

Für alle, die beim G20-Protest Opfer von Polizeigewalt wurden, ist die Vorstellung einer Belohnung für Po­li­zis­t*in­nen ein Schlag in die Magengrube.

Die Opfer von Polizeigewalt bei den G20-Protesten bekommen keine Geschenke Foto: dpa

W ie kann es in einer Demokratie sein, dass die Polizei eine Institution schafft, um ein Gesetz zu umgehen? Polizeistiftungen machen keinen Hehl daraus, dass es sie gibt, damit die Polizei Spenden annehmen kann – obwohl es ihr eigentlich verboten ist. Dabei existiert das Gesetz, das die Bevorteilung von Be­am­t*in­nen verhindern soll und das Annehmen von Geschenken deshalb unter Strafe stellt, ja nicht ohne Grund: Es soll Korruption verhindern, also dafür sorgen, dass die Polizei unabhängig und unbestechlich bleibt.

Trotzdem wurden nach dem G20-Gipfel in Hamburg Geschenke verteilt: 797 Po­li­zei­be­am­t*in­nen haben sich während des G20-Protests als verletzt gemeldet. Sie alle dürfen einen spendenfinanzierten Strandurlaub machen.

Zwar wussten die Po­li­zis­t*in­nen zu dem Zeitpunkt als sie sich verletzt meldeten nicht, dass es solche Geschenkaktionen geben würde. Aber allein die Tatsache, dass es die polizeigewerkschaftlichen Stiftungen gibt, könnten zu einem Verhalten verleiten, das darauf abzielt, die Vorteile auch in Anspruch zu nehmen. Sprich: sich leichtfertig verletzt zu melden. Die Zahl der verletzten Be­am­t*in­nen bekommt dadurch zumindest einen faden Beigeschmack.

Für alle, die beim G20-Protest Opfer oder Zeu­g*in­nen brutaler Polizeigewalt wurden, ist die Vorstellung, dass Po­li­zis­t*in­nen zur Belohnung am Strand brutzeln, ein Schlag in die Magengrube. Aber auch die Rolle derjenigen, die diese Stiftungen in Anspruch nehmen, ist fragwürdig: Dass ausgerechnet Medien, deren Auftrag es ja ist, den Staat zu kontrollieren, die Spendenaktionen ins Leben rufen, ist umso verwerflicher.

Und es zeugt von absurder Ignoranz. Die Jour­na­lis­t*in­nen tun, als hätten sie die zahlreichen Berichte über Polizeigewalt, die Klagen von An­woh­ne­r*in­nen über die Belagerung durch die Sicherheitskräfte und deren teils brutalen und pressefeindlichen Umgang mit Jour­na­lis­t*in­nen nicht mitbekommen. Sie blenden es einfach aus.

Vielleicht haben es Zeitungen wie das Hamburger Abendblatt und sogenannte Zeitungen wie die Bild gar nicht nötig, sich bei der Polizei anzubiedern. Aber dafür kuscheln sie ganz schön oft mit der Polizei.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Katharina Schipkowski
Redakteurin | taz Nord
Jahrgang 1986, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Buenos Aires studiert und wohnt auf St. Pauli. Schreibt meistens über Innenpolitik, soziale Bewegungen und Klimaproteste, Geflüchtete und Asylpolitik, Gender und Gentrification.
Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • 9G
    97546 (Profil gelöscht)

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass das zulässig ist...

    www.hamburg.de/con...ungengeschenke.pdf

  • Da die Polizei ja mit allen Kräften versucht, das Bild des "Freund und Helfers" zu beseitigen, passt das mit der Korruption und Bestechlichkeit doch gut zum neuen Image, oder?

  • Sofern Polizisten in dieser Eigenschaft von rechtlich als Dritte anzusehende natürliche oder juristische Personen (hier: Stiftungen) Zuwendungen erhalten, unterlägen diese der Einkommensteuerpflicht und wären in der Einkommensteuererklärung des Jahres des Erhalts anzugeben und damit zu versteuern. Ob dies erfolgen wird, kann weder pauschal noch im Einzelfall von Außenstehenden beurteilt werden. Allerdings bestünde für die Finanzbehörden die Möglichkeit durch Auskunftsersuchen bei den Stiftungen die Empfänger und den Wert der Zuwendungen festzustellen und dann die Einkommensteuererklärungen daraufhin zu überprüfen. Es bleibt zu hoffen, dass dies auch stattfinden wird.

    Die Spender können und werden übrigens sehr wahrscheinlich die Zuwendungen steuermindernd als Betriebsausgaben buchen.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...und Herr Scholz?!