Kommentar Geheimdienstüberwachung: Bundestag in NSA-Gesellschaft
Die Bundestagsverwaltung hat mit dem Netzprovider Verizon zusammengearbeitet. Dessen NSA-Anbindung ist seit Snowdens Enthüllungen bekannt.
D er Abgrund verbirgt sich hinter einem Satz: Was ein Internetprovider an technischen Möglichkeiten habe, könne der Bundestag nicht beurteilen. Das teilte die Pressestelle zunächst mit auf die Frage, wie das denn sei, mit dem Vertrag mit dem US-Provider Verizon, der einen Teil der Internetanbindung für Abgeordnete und Verwaltung bereitstellt. Und der – das ist seit Snowdens Enthüllungen klar – eng mit der NSA kooperiert. Liegen dort womöglich nun auch Daten von deutschen Abgeordneten und deren Kommunikationspartnern?
Man sollte eigentlich meinen, im Bundestag, mit 631 Abgeordneten, einem Stab von Mitarbeiten und Verwaltung, finden sich Menschen, die wissen, welche technischen Möglichkeiten so ein Internetprovider hat. Oder die zumindest im Verlauf der vergangenen zwölf Monate angefangen haben, darüber nachzudenken, warum es als sinnvoll gilt, etwa E-Mails oder die Verbindung zu Websites zu verschlüsseln. Weil sonst jemand unterwegs mitlesen könnte? Dritte? Etwa auch der Provider?
Wer sich das nicht denken kann, sollte zumindest die Geistesgegenwart beweisen, sich dieses Wissen einzukaufen. Aber vielleicht fühlt sich der Bundestag in seiner Unwissenheit auch wohl. Er ist schließlich in bester Gesellschaft. Auch in kleineren und mittelständischen Unternehmen gilt IT-Wissen häufig als abseitig, nerdig. Nett zu haben, aber hey, es ist doch noch nie was passiert. Dass sich ein Angreifer schon recht unbeholfen anstellen muss, um in solchen Fällen aufzufliegen, wird dabei gern übersehen. Entsprechend lasch sind die Vorkehrungen, was den Schutz sensibler Daten angeht.
Im Bundestag zieht man nun Konsequenzen und will sich von Verizon trennen. Schrittweise. Das ist ein Anfang. Doch um ernsthafte Netzpolitik zu machen und NSA und Co. zumindest etwas entgegenzusetzen, reicht unbeholfenes Reagieren nicht aus.
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