Kommentar Gay-Pride-Parade in Kiew: Endlich ein Fortschritt
Im Gegensatz zum vergangenen Jahr war die Gay Pride in Kiew diesmal vor Rechten geschützt. Auch in Polen bestätigten sich Befürchtungen nicht.

Ein großes Polizeiaufgebot schützte die rund 2.000 Gay-Pride-Demonstrant*innen in Kiew Foto: dpa
Es werde „blutigen Brei“ geben, hatten ukrainische Rechtsradikale vor dem Marsch der Gleichheit am Sonntag in Kiew angekündigt. Und was passierte? Rund 2.000 Schwule, Lesben und Unterstützer konnten, geschützt von einem großen Polizeiaufgebot, weitgehend unbehelligt für ihre Rechte demonstrieren. Allein dieser Umstand ist im Vergleich zum letzten Jahr, wo Rechte die Gay Pride regelrecht auseinandernahmen, ein erheblicher Fortschritt.
Die Ukraine ist ein Land, in dem die Orthodoxe Kirche nicht müde wird, gegen Homosexuelle zu hetzen, die vom Satan besessen seien. Wo rechte Dumpfbacken von einer Zersetzung traditioneller Familienwerte schwadronieren und mitunter Jagd auf Schwule und Lesben machen. Und wo diejenigen, die sich für aufgeklärt halten, Homosexuelle zwar dulden, es aber nicht ertragen, dass diese Minderheit für ihr Anliegen in der Öffentlichkeit eintritt.
Dass die Polizei die Randalierer dieses Mal nicht gewähren ließ, sondern 50 Personen vorübergehend festnahm, hat mehrere Gründe. So hat die ukrainische Regierung in puncto demokratischer Reformen, wozu auch der Schutz von Minderheiten gehört, bisher nicht viel vorzuweisen. Hinzu kommt, dass der Eurovision Song Contest 2017 in der Ukraine stattfindet. Und da sähe es nicht gut aus, wenn bei einer Homoparade dem rechten Mob das Feld überlassen würde.
Die Frage ist nur, ob der Marsch der Ausgangspunkt für nachhaltige Veränderungen sein kann. Auch in Warschau gingen tausende Homos auf die Straße. Sie sorgen sich zu Recht, dass die nationalkonservative PiS-Regierung, sekundiert von der katholischen Kirche, das Rad nicht bei Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, sondern auch beim Minderheitenschutz wieder zurückdreht.
Die ukrainische Regierung hat in puncto Minderheitenschutz bisher nicht viel vorzuweisen
Auch diese Kundgebung, die zu einem eminent politischen Statement geriet, verlief ohne größere Zwischenfälle. So kann auch die Bewegung in Polen zumindest einen kleinen Erfolg verbuchen.
Korrektur, 13.6.2016: In einer früheren Version dieses Beitrags wurde ein Bild aus dem Jahr 2015 angezeigt.
Kommentar Gay-Pride-Parade in Kiew: Endlich ein Fortschritt
Im Gegensatz zum vergangenen Jahr war die Gay Pride in Kiew diesmal vor Rechten geschützt. Auch in Polen bestätigten sich Befürchtungen nicht.
Ein großes Polizeiaufgebot schützte die rund 2.000 Gay-Pride-Demonstrant*innen in Kiew Foto: dpa
Es werde „blutigen Brei“ geben, hatten ukrainische Rechtsradikale vor dem Marsch der Gleichheit am Sonntag in Kiew angekündigt. Und was passierte? Rund 2.000 Schwule, Lesben und Unterstützer konnten, geschützt von einem großen Polizeiaufgebot, weitgehend unbehelligt für ihre Rechte demonstrieren. Allein dieser Umstand ist im Vergleich zum letzten Jahr, wo Rechte die Gay Pride regelrecht auseinandernahmen, ein erheblicher Fortschritt.
Die Ukraine ist ein Land, in dem die Orthodoxe Kirche nicht müde wird, gegen Homosexuelle zu hetzen, die vom Satan besessen seien. Wo rechte Dumpfbacken von einer Zersetzung traditioneller Familienwerte schwadronieren und mitunter Jagd auf Schwule und Lesben machen. Und wo diejenigen, die sich für aufgeklärt halten, Homosexuelle zwar dulden, es aber nicht ertragen, dass diese Minderheit für ihr Anliegen in der Öffentlichkeit eintritt.
Dass die Polizei die Randalierer dieses Mal nicht gewähren ließ, sondern 50 Personen vorübergehend festnahm, hat mehrere Gründe. So hat die ukrainische Regierung in puncto demokratischer Reformen, wozu auch der Schutz von Minderheiten gehört, bisher nicht viel vorzuweisen. Hinzu kommt, dass der Eurovision Song Contest 2017 in der Ukraine stattfindet. Und da sähe es nicht gut aus, wenn bei einer Homoparade dem rechten Mob das Feld überlassen würde.
Die Frage ist nur, ob der Marsch der Ausgangspunkt für nachhaltige Veränderungen sein kann. Auch in Warschau gingen tausende Homos auf die Straße. Sie sorgen sich zu Recht, dass die nationalkonservative PiS-Regierung, sekundiert von der katholischen Kirche, das Rad nicht bei Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, sondern auch beim Minderheitenschutz wieder zurückdreht.
Die ukrainische Regierung hat in puncto Minderheitenschutz bisher nicht viel vorzuweisen
Auch diese Kundgebung, die zu einem eminent politischen Statement geriet, verlief ohne größere Zwischenfälle. So kann auch die Bewegung in Polen zumindest einen kleinen Erfolg verbuchen.
Korrektur, 13.6.2016: In einer früheren Version dieses Beitrags wurde ein Bild aus dem Jahr 2015 angezeigt.
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Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Kommentar von
Barbara Oertel
Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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