Kommentar Gabriels Kohlepläne: Gutes Instrument, schlechte Zahl
Die gute Nachricht: Der Minister für Energie und Wirtschaft denkt um und erzwingt die CO2-Reduktion. Die schlechte: Seine Richtwerte sind zu niedrig.
E s ist ein Rätsel: Was hat Sigmar Gabriel nur dazu gebracht, wochenlang jede staatliche Vorgabe gegen die klimaschädlichen Kohlekraftwerke zu verdammen, um dann am Ende doch ein Gesetz anzukündigen, das eine Reduktion ihrer Emissionen vorschreibt? Doch entscheidend ist das Ergebnis, und das ist im Grundsatz positiv: Der Wirtschaftsminister schließt sich der Einschätzung von Wissenschaftlern, Opposition und Umweltverbänden an, dass das deutsche Klimaziel ohne eine erzwungene Reduzierung des CO2-Ausstoßes von Kohlekraftwerken nicht zu schaffen sein wird.
Auch der Weg, mit dem Gabriel dieses Ziel erreichen will, klingt überzeugend: Ein Emissionsbudget, das jährlich geringer wird, definiert einen verbindlichen Pfad, lässt den Betreibern aber gleichzeitig Flexibilität, wo und wie sie die Emissionen verringern. Wenn es dem Wirtschaftsministerium gelingt, diese Regelung im Einklang mit der EU und ohne die Gefahr von Schadenersatzforderungen umzusetzen, wäre das ein großer Schritt nach vorn.
Doch so gut positiv das grundsätzliche Umdenken und das gewählte Mittel sind, so enttäuschend sind die konkreten Zahlen. Die 22 Millionen Tonnen eingesparte CO2-Emissionen im Kraftwerksbereich, die Gabriel jetzt angekündigt hat, sind die absolute Untergrenze; damit kann das Klimaziel nur erreicht werden, wenn die Wirtschaft kaum wächst und alle anderen Maßnahmen voll wirken – was praktisch ausgeschlossen ist.
Dass der SPD-Chef trotzdem nur diesen Minimalwert ansetzt, ist aus polit-taktischer Sicht durchaus nachvollziehbar. Doch dann dürfen die Betreiber keinesfalls die von Gabriel angekündigte Zusage bekommen, dass die Vorgaben nicht noch einmal verschärft werden, falls das Klimaziel verfehlt zu werden droht. Denn sonst wäre das Scheitern programmiert.
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