Wirtschaftsminister versucht Klimapolitik: Ein klein bisschen Kohleausstieg

Sigmar Gabriel verhandelt über Kraftwerke: Sie sollen 22 Millionen Tonnen mehr CO2 einsparen – aber sicher vor weiteren Forderungen sein.

Kohlekraftwerk Mehrum: seit 1979 am Netz, nicht sehr effizient. Bild: dpa

BERLIN taz | Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat bestätigt, dass er von den Betreibern der deutschen Kohlekraftwerke eine zusätzliche Minderung ihrer Treibhausgas-Emissionen verlangt. „Um das deutsche Klimaziel zu erreichen, müssen wir bis 2020 zusätzlich 22 Millionen Tonnen CO2 im Kraftwerkspark einsparen“, sagte Gabriel am Montag nach einem Gespräch mit Vertretern der Branche. Bei den Unternehmen habe „keine überschäumende Begeisterung“ über diesen Wunsch geherrscht. Es gebe aber die Bereitschaft, den Vorschlag konstruktiv weiter zu beraten.

Der Wirtschaftsminister nannte erstmals Details zu den Plänen, die am Wochenende bekannt geworden waren. Jedes deutsche Kraftwerk soll demnach ein Budget an Treibhausgas-Emissionen bekommen, das sich am Ausstoß der Vergangenheit orientiert; insgesamt werden diese Budgets um 2020 um 22 Millionen Tonnen sinken – und zwar zusätzlich zu Kraftwerksstilllegungen, die die Betreiber ohnehin planen und bereits bei der Bundesnetzagentur angemeldet haben.

Wenn Unternehmen mehrere Kraftwerke betreiben, können sie innerhalb ihres Gesamtbudgets frei entscheiden, bei welchem Kraftwerk wie viel CO2 eingespart wird. „Wir setzen auf ein Höchstmaß an Flexibilität“, sagte Gabriel. Das dafür notwendige Gesetz solle im Sommer 2015 verabschiedet werden.

Im Gegenzug für die neuen Vorgaben will Gabriel den Betreibern garantieren, dass es darüber hinaus keine weiteren Einsparziele geben wird. „Wir werden bis 2020 keine zusätzlichen Maßnahmen im Stromsektor einbringen“, sagte er. Damit ist fraglich, ob das deutsche Klimaziel, die Emissionen bis zum Jahr 2020 im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu reduzieren, tatsächlich erreicht wird.

Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Denn bisher klafft zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine Lücke von 62 bis 100 Millionen Tonnen CO2 – je nachdem, wie sich die wirtschaftliche Lage entwickelt. Mit Gabriels 22-Millionen-Tonnen-Zusage für den Kraftwerkspark und allen anderen Planungen ergeben sich genau 62 Millionen Euro. Wenn die Wirtschaft stärker wächst als die in diesem Szenario angenommenen 1,4 Prozent oder wenn andere Maßnahmen nicht die gewünschte Wirkung haben, klappt es nicht. Im Bundesumweltministerium, das für die Klimapolitik hauptverantwortlich ist, werden darum auch mindestens 70 Millionen Tonnen Einsparung für notwendig gehalten.

Für die Grünen kritisierte die Umweltpolitikerin Bärbel Höhn, die bei den Kraftwerken geplante Reduktion sei ein „verschwindend geringer Anteil“ an den Gesamtemissionen dieses Sektors. Lob kam dagegen vom Bundesverband Erneuerbare Energien: „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung“, kommentierte Geschäftsführer Hermann Falk.

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