Kommentar G36-Gewehre: Große Schaufensterpolitik
Wer die Bundeswehr häufiger ins Ausland schicken will, muss klären, ob die Ausrüstung ihr Geld wert ist. Grundsatzreden helfen nicht.
M it großen Worten hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen vor eineinhalb Jahren ihr Amt angetreten: Gleichgültigkeit dürfe für Deutschland keine Option mehr sein, in internationale Konflikte müsse sich die Regierung stärker einmischen, für Auslandseinsätze der Armee dürfe es keine Tabus mehr geben.
Bundespräsident Gauck und Außenminister Steinmeier flankierten den Paradigmenwechsel, und auch links der Mitte stieß die Ministerin auf offene Ohren: Es waren die Grünen, die den Vorschlag ins Spiel brachten, die Luftwaffe gegen die Terrormiliz IS einzusetzen.
Alles etwas voreilig, wie die Enthüllungen über die Ausrüstungsmängel zeigen. Wer Krieg führen will, braucht genügend Nachtsichtgeräte (derzeit können etliche Fallschirmjäger nur tagsüber springen), geeignete Flugzeuge (den deutschen Transall-Maschinen ist es südlich von Belgrad zu warm) und eben funktionierende Gewehre (die auch noch geradeaus schießen, wenn die ersten Patronen den Feind verfehlen). Um alle Mängel zu beheben, müsste die Regierung Milliarden ausgeben. Der Austausch der G36-Gewehre wird Jahre dauern.
Im Verteidigungsministerium ist das Ausmaß der Mängel seit langem absehbar. Außerhalb des Ministeriums konnte man ihn nach über zehn Jahren Afghanistankrieg zumindest erahnen. Dennoch lief die Debatte über Deutschlands neue Außenpolitik verkürzt ab.
Wer die Bundeswehr häufiger ins Ausland schicken will, muss nicht nur fragen, ob die Einsätze politisch sinnvoll und moralisch vertretbar sind. Er muss auch klären, mit welchem Gerät die Soldaten losziehen, was die Ausrüstung kostet und ob sie das Geld wirklich wert ist. Wer diese Fragen nicht angeht, kann noch so große Grundsatzreden schwingen: Über Schaufensterpolitik kommt er nicht hinaus.
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