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Kommentar Front National in FrankreichLe Pen zeigt ihr wahres Gesicht

Rudolf Balmer
Kommentar von Rudolf Balmer

Die rechte Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen hat sich „verplappert“. Sie zeigt geschichtsrevisionistische Ansichten wie ihr Vater.

Hinter der sonst so schlagfertigen Politikerin kommt die unbelehrbare Le Pen zum Vorschein Foto: reuters

M it einem Satz hat die Rechtsextremistin Marine Le Pen in einem Rundfunk-Interview ihre eigenen jahrelangen Bemühungen, harmlos und ideologisch unverdächtig zu wirken, zunichte gemacht. Unter dem Lack der populären Politikerin, die so gerne Verständnis für alle Zukurzgekommenen zur Schau stellt, ist die Grundfarbe des Antisemitismus und des Geschichtsrevisionismus zum Vorschein gekommen.

Ihr notorisch antisemitischer Vater, Jean-Marie Le Pen, wird sich ins Fäustchen lachen. Er war schon immer dagegen, den von ihm gegründeten Front National mit Abstrichen am faschistischen Erbgut der Partei salonfähig machen zu wollen.

In diesem Jahr gedenkt man der von französischen Behörden organisierten Razzia von 1942, bei der in Paris 13.000 Juden, davon 4.000 Kinder, von französischen Polizeibeamten zur Deportation in KZ verhaftet worden waren. Dieser Beitrag zur Judenverfolgung des „Dritten Reichs“ wurde lange verdrängt, erst Jacques Chirac anerkannte 1995 als Präsident die Mitverantwortung des französischen Staates.

Wenn heute die FN-Kandidatin unverblümt meint, Frankreich sei mitnichten verantwortlich, ist das nicht nur ein Rückfall, sondern ein Versuch, in revisionistischer Weise auf die Geschichtsschreibung zurückzukommen. Wenn Jean-Marie Le Pen die Gaskammern der Nazis als „Detail der Geschichte des Zweiten Weltkriegs“ verharmlosen wollte, will heute seine Tochter Frankreich von jeder Mitschuld an der Kollaboration freisprechen. Das wiederum ist kein „Detail“, sondern sagt viel aus über die wahren Ideen dieser „Populistin“.

Hinter der sonst so schlagfertigen Politikerin kommt die unbelehrbare Le Pen zum Vorschein. Dem Interviewer ist es zu verdanken, dass Marine Le Pen sich zwei Wochen vor den Wahlen „verplappert“ hat, indem sie sagte, was sie im Grund wohl wirklich denkt, und nicht wie üblich, was sie zur Anbiederung bei Wählergruppen für nützlich hält.

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Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
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4 Kommentare

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  • Die französische Polizei hat 1942 die Juden nicht aus eigenem Antrieb "eingesammelt" sondern hat dies im Auftrag und unter Anleitung der deutschen Besatzungstruppen getan.

     

    Natürlich gibt es Judenhaß auch in Frankreich - die Dreyfuss-Affäre ist bis heute nicht ordentlich aufgearbeitet. Die Besatzung und nicht der französische Judenhaß war der Grund für das Vorgehen von 1942. Wenn Frau Lepen ihre Landsleute in Schutz nimmt mag das historisch unkorrekt sein - es ist aber kein Antisemitismus. Das wäre es nämlich wenn sie bedauern würde, daß die Franzosen unzureichend mitgeholfen haben. Das war nämlich generell der Fall.

  • Der Kommentar geht völlig am Problem vorbei. Frau LePen schadet sich bei ihren Wählern nicht. Sie spielt vielmehr auf der Klaviatur, die von französischen Regierungen - linken wie rechten nach 45 genutzt wurden. Sei es Mitterand - einst ein Mitläufer des Vichy-Regimes, oder deGaulle - der über den Mythos Frankreich in der Resistance das Land vor dem Bürgerkrieg mti einer Lüge bewahrte. Die Herren im Elysee taten - bis Chirac kam - immer so, als hätte es keine Kolaboration gegeben. Marine LePen spielt genial mit diesem Selbstbetrug der französischen Gesellschaft und ihrer Eliten. Ihr Vater war ein Nazi-Dummkopf und deshalb bezeichnete er die Judenvernichtung als historische Fußnote - was ihn in Frankreich isolierte. Das Töchterchen betont jetzt, das Vichy-Regime sei nicht Frankreich gewesen. Damit befindet sie sich im mainstream des politischen Selbstbetrugs der Republik. Da bekommt sie den Beifall aller, die die Grande Nation vom Übel der Kolaboration reinwaschen wollen.

    Man erinnere sich, als 1969 Marcel Ophüls seinen Dokumentarfilm: "Das Haus nebenan" produzierte, wurde er in Frankreich verboten. Warum? Er ließ Widerstandskämpfer, aber auch Kolaborateure und einstige französische Freiwillige der Waffen-SS zu Wort kommen. Die letzten Legionäre der Division Charlemagne verteidigten 1945 den Reichstag. Mitterand begann seine Karriere als Vichy-Minister, wie einige französische Politiker. Wann hört man auf, diese hochgefährliche Frau zu unterschätzen?

  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Le Pen distanziert sich von der heroischen Vergangenheit der Grand Nation unter den deutschen Nazis ? Unfassbar, wie sie mit diesem Erbe umgeht ...

  • Wie kommen Sie darauf, dass sie sich verplappert hat? Historische Schuld zu leugnen ist durchaus populär. Damit kann man auf Stimmenfang gehen. Besonders außerhalb Deutschlands.