Kommentar Friedrich Merz' Strategie: Agenda der Verlierer
Erst wird Friedrich Merz nicht Parteivorsitzender, jetzt will er ein Ministeramt. Als stünde ihm das zu, als Wiedergutmachung. Das ist anmaßend.
D ie Vorgänge um den beim CDU-Parteitag unterlegenen Friedrich Merz sind faszinierend. Erst tritt er an. Dann verliert er. Anschließend haut er ab. Und jetzt? Kommt er aus dem Schmollwinkel und stellt auch noch Forderungen. Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat Merz gesagt, er sei bereit, ein Amt als Bundesminister zu übernehmen. Irgendeins. Begründung: „Ein solches Amt würde ich mir aufgrund meiner Erfahrung in der Wirtschaft und Politik zutrauen.“ Offenbar ist dies seine ganz persönliche Auffassung der von ihm proklamierten „Agenda der Fleißigen“.
Wäre Merz nicht ein 63 Jahre alter Rechtsanwalt und Lobbyist, sondern sagen wir ein 17-jähriger sauerländischer Vereinskicker, der nach vergeigtem Spiel vehement die Kapitänsbinde fordert, würde man ihm raten, nach Hause zu gehen und noch mal ganz in Ruhe nachzudenken. Denn was ist ein Kapitänsamt, ein Ministeramt? Irgendein Job, den jeder Depp erledigen könnte, weil er gerade sonst nix zu tun hat und meint, ihm stehe eine Wiedergutmachung zu?
Merz’ Forderung ist schlicht anmaßend. Eben wollte er noch auf dem Parteitag alles für seine CDU geben; aber als ihm von der Gewinnerin Annegret Kramp-Karrenbauer ein Vorstandsposten angeboten wurde, lehnte er beleidigt ab. Alles unter Vorsitzender war ihm offenbar zu popelig. Und zehn Tage Bedenkzeit später maßt er sich einen Kabinettsposten an?
Was passiert, wenn solch ein Posten als Pille gegen gekränkte Eitelkeit vergeben wird, erfährt dieses Land äußerst quälend seit neun Monaten mit seinem Bundesinnenminister Seehofer. Am Ende musste ihn seine eigene Partei abräumen. Und was passiert, wenn versucht wird, politische Quertreiber mit ein, zwei Ämtern einzuhegen, sieht man an Jens Spahn. Weder sein erkämpfter Sitz im CDU-Präsidium noch der Job als Bundesgesundheitsminister haben ihn davon abgehalten, seine ewige Parteichefin Angela Merkel anzugreifen. Und ganz nebenbei bemerkt: Ein Parteichef Friedrich Merz würde nichts dergleichen tun. Der hätte einfach gesiegt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“