Kommentar Frauenquote: Fast schon lächerlich
Diese Quote wird niemandem wehtun, ja sie wird kaum bemerkt werden. Also hat auch die CSU zugestimmt, allem Wehklagen zum Trotz.
U nd, hat's wehgetan? Gellte ein Schrei durchs nächtliche Regierungsviertel, nachdem der Koalitionsausschuss die gesetzliche Frauenquote durchgewunken hatte? Gab es Tränen bei der CSU? Erste Austrittsmails? Natürlich nicht.
Die Frauenquote kommt, und kaum jemand wird etwas davon bemerken. Denn wovon reden wir hier eigentlich? Von einer lediglich dreißigprozentigen Quote für hundert große börsennotierte Unternehmen. Von dreieinhalbttausend mittleren Unternehmen, die einfach mal festlegen sollen, wie sie mehr Frauen in Führungspositionen bringen wollen. Sanktionen sind nicht vorgesehen. Das ist ein Anfang, mehr nicht.
Das in den letzten Wochen unübersehbare Kalkül der CSU, beim Thema Frauenquote zum xten-mal einen SPD-Triggerpunkt zu drücken, war irgendwann derart peinlich, dass sogar die Kanzlerin den kleineren Koalitionspartner gegen ihre Union verteidigen musste. Vertrag ist Vertrag. Ein Abschwächen des eh nicht eben weltstürzenden Quotengesetzes hätte Merkel irgendwann selbst beschädigt.
Der inszenierte Aufstand gegen die SPD-Ministerin Schwesig, das ganze Geheule und Gewarne haben dem Anliegen der Quote letztlich nur genützt. Politiker, die noch immer meinen, Geschlechtergerechtigkeit sei eine Ware, offenbaren, wie wenig sie verstanden haben. Ihre Wählerinnen und Wähler erkennen das glasklar. Die Quote musste kommen, weil Freiwilligkeit in männlich dominierten Machtzusammenhängen erwiesenermaßen keine Kategorie ist.
Ja, im 21. Jahrhundert Frauen in Führungspositionen per Gesetz verordnen zu müssen, wirkt im Grunde fast lächerlich. Aber es wird mit der Quote sein wie beim Gesetz zu den Krippenplätzen für unter Dreijährige. Irgendwann wird sich selbst die Union fragen, was damals eigentlich ihr Problem war.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?