Kommentar Folgen aus dem NSU-Terror: Keine Erschütterung
Ein Jahr nach der Aufklärung der NSU-Morde ist die alltägliche Routine zurückgekehrt. Zehn Morde haben die Republik nicht nachhaltig erschüttert.
S ie waren sehr emsig. Sie haben alles getan. Sie haben in Hamburg nur eines nicht gemacht: nach rechts geschaut. Gül Pinars Kritik an den Ermittlern kann nur zugestimmt werden. Diese Kritik betrifft die gesamten Ermittlungen zu der rechten Mordserie.
Auch im Norden galt bei den Sicherheits- und Verfassungsschutzorganen, dass nicht sein durfte, was nicht sein sollte – Terror von rechts. Dass der Hamburger Verfassungsschutz falsche Einschätzungen auf einer taz-Veranstaltung einräumte, hat aber bisher auch nicht zu dem geführt, was Kazim Abaci gehofft hatte: ein konsequentes Umdenken. So soll das V-Mann-System in Hamburg weiter bestehen bleiben. Der Kritik von Abaci kann also auch nur zugestimmt werden.
Ein Jahr danach sind alle Stellen, außer die direkt betroffenen Ämter und Behörden, in die alltägliche Routine zurückgekehrt. Vielleicht auch, weil in der Öffentlichkeit kaum Druck auf die Politik wegen des NSU entstanden ist. Die unzähligen Artikel und vielen Fernseh- und Radioberichte sollten nicht täuschen: In der Bundesrepublik gibt es über die üblichen Verdächtigen hinweg keine breite gesellschaftliche Debatte über Gewalt mit rechtsextremem oder rassistischem Hintergrund.
Ein Grund, und zwar der, den die betroffen Familien den ersten Ermittlern vorhalten, könnte der sein: „Es waren ja bloß Ausländer.“
Zehn Morde, neun an Menschen mit Migrationshintergrund, haben die Republik nicht nachhaltig erschüttert.
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