Kommentar Finanzspritze der Notenbanken: Zentralbanken im Feuerwehreinsatz
Die Angst vor dem Zusammenbruch lähmte zuletzt das europäische Bankensystem. Diese Gefahr scheint jetzt gebannt. Doch die Eurokrise ist damit nicht beendet.
D ie Alarmsignale waren nicht zu übersehen. Seit Tagen schon drohte die Eurokrise in eine neue Finanzkrise umzuschlagen. Europäische Banken liehen sich untereinander kaum noch Geld, auch der Zugang zu US-Dollars und anderen Devisen wurde immer schwieriger. Sogar die Europäische Zentralbank hatte zuletzt massive Probleme, den Geldmarkt zu steuern.
Nun haben die Notenbanken die Notbremse gezogen und die Geldmärkte geflutet. Die EZB, die amerikanische Federal Reserve und andere große Institute zogen damit die Konsequenz aus dem Versagen der europäischen Politiker, die seit Monaten die überfällige Lösung der europäischen Schuldenkrise vertagen.
Wie hilflos die Europäer sind, zeigte sich noch am Mittwoch beim Treffen der Finanzminister in Brüssel. Sie leisteten den Offenbarungseid und riefen den Internationalen Währungsfonds (IWF) zu Hilfe. Der IWF soll neue Mittel zur Stützung Italiens bereitstellen. Denn allein, so die Botschaft aus Brüssel, schaffen es die 17 Euroländer nicht mehr, den drohenden Flächenbrand zu verhindern.
ERIC BONSE ist Brüssel-Korrespondent der taz.
Die große Bazooka zur Eindämmung der Krise, nach der die Europäer seit Wochen suchen, steht immer noch nicht bereit. Der Finanzhebel, mit dem der Eurorettungsschirm zu einer Allzweckwaffe aufgerüstet werden sollte, klemmt. Statt der erhofften 1 Billion Euro kommen im besten Fall 750 Milliarden zusammen - und das reicht nicht, um Italien und andere Krisenländer zu stützen.
Die Angst vor dem Zusammenbruch lähmte zuletzt das europäische Bankensystem. Diese Gefahr scheint seit dem Feuerwehreinsatz der großen Notenbanken gebannt. Doch die Eurokrise ist damit nicht beendet. Erst wenn die Europäer eine überzeugende Antwort auf die Probleme in Italien und anderswo geben, besteht Hoffnung auf Besserung.
Bei EU-Währungskommissar Rehn ist diese Einsicht endlich angekommen. Bis zum EU-Gipfel in zehn Tagen müsse eine neue Brandmauer stehen, sagte er. Ob dies in Berlin erkannt wird, ist fraglich. Gestern forderte FDP-Fraktionschef Brüderle, die EZB solle keine Anleihen von Krisenstaaten mehr kaufen.
Das klang, als wolle er der Feuerwehr den Wasserhahn abdrehen. Sinnvoller wäre es, die Feuerwehr dauerhaft zu stärken. Die Bundesregierung muss dafür endlich den Weg frei machen - oder sie wird zu einer Gefahr für den Euro und für das internationale Finanzsystem.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich