Kommentar Fascho-Rapper bei KissFM: Mit Nazis kuscheln
Der Radiosender KissFM lädt einen rechtsradikalen Rapper in seine Sendung – und lässt ihn nahezu ungestört auf die Jugend los.
Man muss mit allen reden.“ Ein Satz, der gerade so überstrapaziert wird, dass einem kotzübel davon wird. Reden hilft, dachte sich auch Kiss FM, der sich als „multikulturell und integrativ“ begreifende Jugendradiosender, und lud vergangenen Sonntag einen waschechten Nazirapper in die Sendung „Facetalk“.
Nun kann man davon halten, was man will, dass da jemand 25 Minuten auf Sendung darf, der Zeilen wie „Ich stecke sie [die Zecken] alle gemeinsam in den nächsten Zug nach Buchenwald / Wasch mich mit der Seife ab, genieß den Lampenschirm“, rappt. Aber was am Ende vielleicht zählt, ist ja der Erkenntnisgewinn, den die Moderatoren Lukas und Toyah durch kritische Fragestellungen erwirken könnten.
Nun ja, es ist Oktober und Rollkragenwetter. Deswegen entschieden die Moderatoren, mit Makss Damage lieber auf Kuschelkurs zu gehen. Eine „Isst du Döner?“-Frage hier, ein bisschen verschämtes Hihi-Gekicher da. Am Ende hat der Rapper mehrmals gesagt, dass er stolzer Neonazi sei, und die einzige Distanzierung der Moderatoren kam in Form der Anmerkung: „Wir sind wahrscheinlich in vielen Punkten unterschiedlicher Meinung, aber das ist ja ein anderes Thema.“ Ein anderes Thema? Da sitzt ein Nazi. Es gibt kein anderes Thema.
Im Anschluss kamen ein Shitstorm und ein empörter Vice-Artikel des jüdischen Autors Shahak Shapira, der in dieselbe Sendung geladen war, allerdings trotz voriger Absprache mit der „Facetalk“-Redaktion nicht zeitgleich mit Makss Damage zugeschaltet wurde. Und somit keine direkten Fragen stellen konnte.
Auf eine Interviewanfrage der taz schickte Kiss FM lediglich die jämmerliche Stellungnahme, die auch im Netz kursiert und an sich etwas Sächsisches hat, à la: Wir haben nichts falsch gemacht. Der Mitschnitt der Sendung ist trotzdem nicht online abrufbar.
Wer ihn nachhören möchte, kann das auf Makss Damages Facebook-Seite tun, wo der Rapper für seinen Auftritt gefeiert wird. Und wo er Shapira ein Angebot macht: „Sollte deine Familie wirklich ‚zu Seife verarbeitet‘ worden sein, tut mir das leid!!! In Anbetracht meiner ewigwährenden Schuld als Nachkomme der Seifenfabrikantengeneration, würde ich Dir gerne monatlich eine symbolische Summe von 1 Euro zukommen lassen.“ Hihi.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Die Wahrheit
Der erste Schnee
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen