Kommentar Euro-Rettung: Ein historischer Gipfel
Mit der Entmachtung von EZB, dem Ignorieren der Ratingagenturen und einem Schritt hin zu Eurobonds haben die Regierungschefs Geschichte geschrieben
E ine neue Epoche beginnt in der Geschichte des Euros. Denn auf dem EU-Gipfel in Brüssel gab es drei bemerkenswerte Entwicklungen. Erstens: Die Europäische Zentralbank (EZB) wird entmachtet. Zweitens: Auf die Ratingagenturen wird keine Rücksicht mehr genommen. Drittens: Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Eurobonds flächendeckend eingeführt werden. Alle drei Entwicklungen sind zu begrüßen, sind sie doch unvermeidlich, wenn der Euro überleben soll.
Um bei der EZB zu beginnen: Sie musste erleben, dass ihr Einfluss schwindet. Bis zum Schluss hat sie sich dagegen gewehrt, dass die Banken an einer Umschuldung für Griechenland beteiligt werden. Nun muss sich die EZB fügen. Damit verliert sie ihre angebliche "Unabhängigkeit", die sie wie eine Monstranz vor sich hergetragen hat. Stattdessen ist nun sichtbar geworden, was eigentlich schon immer galt: Sie ist ein Mitspieler in der Politik - und kann daher Machtkämpfe auch verlieren. Es ist übrigens nicht tragisch, wenn eine Zentralbank nicht völlig unabhängig ist. Für die US-Notenbank Fed galt dies schon immer.
Genauso bemerkenswert ist die zweite Entwicklung, dass die Ratingagenturen auch nicht mehr sonderlich ernst genommen wurden. Sie hatten gedroht, dass eine Umschuldung Griechenlands selbst dann als "Zahlungsausfall" gewertet würde, wenn sich die Banken freiwillig an dem Schuldennachlass beteiligen. Doch unbeirrt wurde diese Lösung von einigen Regierungschefs weiterverfolgt - vorneweg von Kanzlerin Merkel. Getrieben wurden sie von der Einsicht, dass den Steuerzahlern nicht zu vermitteln ist, warum sie allein für die Rettungskosten aufkommen sollen.
ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.
Allerdings ist es nicht umsonst zu haben, wenn man die Ratingagenturen ignoriert. Sie spiegeln ja nur wider, was sich auch andere Investoren denken. Nach dem Präzedenzfall Griechenland werden die Anleger einen "Zahlungsausfall" in der Eurozone immer einkalkulieren. Dies wird die Zinsen nach oben treiben, und zwar auch für Länder wie Italien oder Spanien, die schon unter ihren Schulden ächzen.
Daher ist die dritte Entwicklung nur konsequent - nämlich dass der Einstieg in die Eurobonds faktisch beschlossen wurde. Falls die Zinsen für Italien oder Spanien zu stark steigen, sollen sie sich beim EU-Rettungsschirm Geld borgen können. Langfristig bedeutet dies: Die Eurozone macht sich von den Finanzmärkten unabhängig. Das ist ein historischer Schritt.
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