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Kommentar Ergenekon-Prozess: Ein riesiger Rachefeldzug

Erdogan zeigt mit dem Prozess, dass nicht nur die Kemalisten eine gefällige Justiz hatten. Auch die heutige Justiz hat mit Rechtsstaatlichkeit nichts zu tun.

Gegen die Urteile wurde unter anderem in Silivri heftig protestiert Bild: reuters

Ein gigantischer Prozess ist in Istanbul ist zu Ende gegangen. 254 Personen wurden als Mitglieder einer „terroristischen Organisation“ namens Ergenekon zu hohen Haftstrafen verurteilt. Die Verschwörer – so das Gericht – hätten Terrorakte geplant und ausgeführt, Hass und Gewalt gesät, um die gewählte Regierung mit einem Putsch aus dem Amt zu jagen.

Verurteilt wurde eine bunte Mischung an Leuten: Da sind Universitätsrektoren, die einst Jagd auf Studentinnen mit Kopftuch machten und Generäle, die Killerkommandos gegen Kurden dirigierten. Da sind faschistische Bombenleger und Attentäter. An ihren Händen klebt Blut.

Da sind durchgeknallte Maoisten, die mit anti-kurdischem Nationalismus auftrumpften ein Ex-Generalstabschef, der vielleicht ausgemalt hat, wie die Regierung zum Teufel gejagt werden könnte. Da sind Akademiker, die die Regierung mit Artikeln angegriffen haben und Journalisten, die womöglich Desinformation betrieben, weil es ihnen politisch in den Kram passte. Anhänger der Regierung feiern den Ergenekon-Prozess als Abrechnung mit der dunklen Vergangenheit, mit dem kemalistischen tiefen Staat.

Stattgefunden jedoch hat ein politischer Schauprozess, der mit Rechtsstaatlichkeit nichts zu tun hat. In der über 2000 Seiten umfassenden Anklageschrift wurde kein einziger schlüssiger Beweis für die Existenz des Geheimbundes Ergenekon erbracht. Systematisch wurden die Rechte der Verteidigung ausgehebelt. Man karrte Zeugen an, deren Identität geheim gehalten wurde. Ihre Aussagen waren zum Teil theaterreif. Gleichzeitig konnten einige Angeklagte während des Prozesses nachweisen, dass Daten und Dokumente, die sie schwer belasten, nach ihrer Festnahme von der Polizei in ihre Computer eingespeist wurden. „Versehentlich“ hieß es.

Der einzige konkrete Terrorakt, der in der Anklage benannt wird, ist ein Bombenanschlag auf ein Verwaltungsgericht. Der Anstifter war in einem Gerichtsverfahren bereits zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Urteil wurde aufgehoben, denn das Verfahren sollte im Rahmen des Ergenekon-Prozesses neu aufgerollt werden. Wie sich später herausstellte, trat der Bombenleger nicht nur als Angeklagter auf, sondern auch als geheimer Zeuge. Er erhielt eine der mildesten Strafen – neun Jahre Haft – und kommt nun auf freien Fuß.

Die einst politisch mächtige, kemalistische Elite, hatte eine gefällige Justiz. Wegen eines Gedichts schickte sie den jetzigen Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan ins Gefängnis. Heute hat auch Erdogan eine gefällige Justiz, die einen Rachefeldzug gegen ihre Vorgänger führt.

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Leser*innenkommentare

  • Mensch

    Gast

    Ihr vergesst hier die Fakten. Jeder gesunde Menschenverstand sieht was geschieht und ob alles rechtens läuft. Die Demonstranten werden festgenommen und einer mit der Axt ist auf freiem Fuß. In Sivas werden am helligtem Tag Menschen lebendig verbrannt und die bekannten Täter in der Türkei und die im Ausland sind frei ( die sache ist verjährt) . Und das sagt noch euer lieber Erdogan.Brauch man dazu noch was sagen....

  • gerstenmeyer

    Gast

    das alles stört die berufsempörten rotlinksgrünen

    nicht im geringsten-wo bleibt deren aufheulen wie üblich wenn es

    um ungrechtigkeiten geht-roth,trittin,beck-wo seid ihr?

  • Ted

    Gast

    Im Prinzip könnte man zum Ergenekon-Prozess jede noch so abwegige Meinung abgeben, wie der Artikelschreiber es auch tut. Denn hier, und wahrscheinlich auch in der Türkei, weiß doch niemand, welche Fakten zum Urteil geführt haben. Wer, außer dem Gericht und den zuarbeitenden Stellen, sollte diese auch kennen. Nur so ist es möglich, auch diesen Prozess irgendwie dem Erdogan anzukreiden. Der Mann kann tun oder lassen, was er will, bestimmten Leuten ist er ein Dorn im Auge, der kritisiert werden MUSS. Ich, zum Beispiel, könnte doch behaupten, Erdogan hat sich mit den Marsmenschen zusammengetan und die Richter waren grüne Männchen. Warum denn nicht, wer prüft den Wahrheitsgehalt?

    Ich möchte mal nur EINEN Artikel lesen, der ohne abwertende Begriffe auskommt, wenn über Türkei-Politik (Türkei=Erdogan, klar) berichtet wird. Sofort wird ALLES auf Erdogan fokusiert, als ob er jeden Wasserwerfer persönlich fernsteuert oder sich als Richter verkleidet hätte. Der Kerl muss einen langen Arbeitstag haben.

    Erdogan kenne ich nur aus den hiesigen Artikeln. Was mir widerstrebt: kein Mensch macht nur Schlechtes, wenn er erfolgreich regiert, das kann einfach nicht sein. Wenn man aber nur noch Schlechtes über ihn liest, sollte es hinterfragt werden. Gut, dieses mal ist es ein Kommentar, da darf der Verfasser natürlich seine eigene Meinung kundtun, wie er will. Vielleicht das nächste mal ein Kommentar pro Erdo? Nur, damit man als einfacher Mensch auch mal andere Meinungen hört.

  • Quotenmensch

    Stimmt leider zu 100%. Alle Journalisten, die in der Vergangenheit vor allem ERDOGAN aber auch seine Partei AKP am bittersten kritisiert hatten, bekamen die höchsten Strafen! Frau Merkel, Ihr Freund Putin (lupenreiner Demokrat) hat einen neuen Freund ERDOGAN (fortgeschrittene Demokratie) dazugewonnen!

    Was halte Sie von diesen beiden faschistischen Diktatoren mit der Maske eines Demokraten?

    Vor allem nach NSA, BND, MAD, PRISM... Willkommen im CLUB.

    • memo baba

      @Quotenmensch den da sie als ihren vorbild sehen und als ihr profilbild abgeben, hat mehrere menschen leben auf dem gewissen ! weil vieles nicht seinem weltbild entsprach, hat er seinen eigenen verständnis nach "gerillakrieg" angezetelt. menschen starben, wurden auch von ihm getötet, deshalb ist er auch selber getötet worden ! jetzt in der türkei sind mörder und massenmörder verurteilt und abgestraft worden, z.b. der chef von jitem der vorallem in den 90'gern für tausende verschwundene und tote verantwortlich ist, ist diesbezüglich zu lebenslangerhaft verurteilt worden !!! erdo hin oder her und ich bin nicht für die akp, aber diese verurteilung ist gut für die türkei !!! auch die abrechnung mit diesen fascho-national-millitaristen ist schon ok. ich wünsche der türkei weiterhin auf seinen weg zu gewissen unabhängigkeit viel erfolg, und wahrscheinlich braucht die türkei schon heute garnicht mehr die eu !!!