Kommentar Entlassungen Energiekonzerne: Lieber Finanzhai als Stromsparer
Energieriesen bewegen Milliarden auf einen Schlag und beherrschen Märkte. Alternativvorschläge gelten als lächerlich. Auch die Angestellten haben daran gut verdient.
D ie Krise ist im Kern der deutschen Wirtschaft angekommen. Die großen Energiekonzerne müssen um Kapital betteln und Tochtergesellschaften in aller Eile verkaufen. Nun kommen noch Massenentlassungen hinzu. Bei RWE geht jeder Neunte, bei Eon jeder Achte, und Vattenfall hat Einsparungen zumindest bei den Kosten in ähnlicher Größenordnung angekündigt.
Der Atomausstieg hat damit nur am Rande zu tun. Er kostet die Konzerne zwar Geld, aber nicht so viel wie der Schuldendienst oder die Fehlspekulationen beim Absatz und bei den Rohstoffpreisen. Die Schulden sind auch deshalb so hoch, weil mit Krediten gehebelt wird wie bei einem der verrufenen Finanzhaie: Je mehr Kredit über das eigene Kapital hinaus aufgenommen wird, desto höher ist die Rendite - wenn alles klappt wie gedacht.
Doch derzeit klappt weltweit wenig wie gedacht. Und da können die Gewerkschaften nur noch die größten Härten wegverhandeln. Ver.di hat für Eon eigens Vorschläge erarbeiten lassen, wie sich Deutschlands Strom- und Gasriese auf die neue Zeit einstellen kann. Doch die deutschen und fast alle Energiekonzerne weltweit können das Neue nicht: Energiewende, regional und hart am Endkunden arbeiten - das sind und bleiben für sie Fremdwörter. Energieriesen bewegen Milliarden auf einen Schlag und beherrschen Märkte. Alternativvorschläge gelten als lächerlich.
ist stellvertretender Chefredakteur der taz.
Hier haben die Beschäftigten auch den Anschluss verpasst. Sie verdienen gut mit am bisherigen Kurs. Und haben auch jetzt noch bei Weitem nicht alle mitbekommen, dass sich auf dem Energiesektor gerade alles ändert. Sonst wäre schon seit Jahren der Widerstand gegen den wilden Expansionskurs der deutschen Riesen innerhalb der Firmen größer gewesen.
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