Kommentar EU-Verteidigungskonzept: Der Druck steigt

Der Spielraum der Bundesregierung schrumpft: Die Verpflichtungen nehmen zu, Entscheidungen müssen schneller gefällt werden.

Eine Gruppe Marinesoldaten blickt auf ein weißes Kriegsschiff

Militäreinsätze deutscher Soldaten im Rahmen der EU werden wahrscheinlich häufiger Foto: dpa

Grundsätzlich sind die Pläne der EU nicht falsch: Ihr Militärkonzept mit der schnittigen Abkürzung „Pesco“ soll die Zusammenarbeit der europäischen Armeen verbessern. Entscheidend wird aber sein, wie die Teilnehmerstaaten ihre Kooperation konkret ausgestalten. Leider wurde der Spielraum, den künftige Bundesregierungen dabei haben, mit der in Brüssel unterzeichneten Absichtserklärung stark eingeschränkt.

Drei Punkte machen das deutlich. Erstens: Die Pesco-Teilnehmer verpflichten sich, ihre Verteidigungsetats regelmäßig zu erhöhen. Theoretisch könnten sich künftige deutsche Finanzminister und Abgeordnete darüber hinwegsetzen. Befürworter höherer Militärausgaben bekommen mit der neuen europäischen Selbstverpflichtung aber ein Argument mehr. Sie werden es in Haushaltsverhandlungen genauso nachdrücklich einsetzen wie schon jetzt die Nato-Vereinbarung, 2 Prozent der Wirtschaftsleistung ins Militär zu stecken.

Zweitens: Die Teilnehmer verpflichten sich dazu, mit „Mitteln und Fähigkeiten“ an gemeinsamen Auslandseinsätzen teilzunehmen. Künftige Bundesregierungen müssen zwar weiterhin für jede Bundeswehr-Beteiligung ein Mandat des Parlaments beantragen. Durch die neue Selbstverpflichtung steigt aber auch hier der Druck. Ein Nein wird Regierung und Bundestag noch schwerer fallen als jetzt.

Drittens: Der deutsche Parlamentsvorbehalt besteht zwar fort, die Bundesrepublik ist durch Pesco aber angehalten, Entscheidungen über Auslandseinsätze zu beschleunigen. In der Praxis kann das nur bedeuten, dass der Bundestag häufiger als bisher in nur einer Sitzungswoche oder gar einer einzigen Sitzung über Mandate entscheidet. Zeit für Detailfragen bleibt dann nicht.

Pesco wird die deutsche Verfassungswirklichkeit also verändern. Eine Bundestagsdebatte über die deutsche Teilnahme wäre da angemessen gewesen. Zumindest angemessener als die einsame Festlegung durch eine geschäftsführende Bundesregierung.

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Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.

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