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Kommentar EU-PersonalGeschacher im Hinterzimmer

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Die vor der Europawahl gemachten Versprechen wurden gebrochen – die Wähler dürfen sich verschaukelt fühlen. Am Kurs der EU-Politik ändert sich nichts.

Hinterzimmer in schön: Cameron (l.), Merkel, Reinfeldt und Rutte Bild: reuters

M it der Demokratie in der Europäischen Union ist das so eine Sache. Wenn Europawahl ist, steht sie hoch im Kurs. Die Entscheidung über die Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker und Martin Schulz wurde sogar zu einem historischen Ereignis hochstilisiert. Doch kaum ist die Wahl vorbei, fallen die EU-Politiker in ihre vordemokratischen Rituale zurück.

Diese Europawahl macht da leider keine Ausnahme. Im Gegenteil: Vier Wochen nach der Abstimmung haben die Wähler allen Grund, sich noch mehr verschaukelt zu fühlen als sonst. Wer tatsächlich geglaubt hatte, er könne nicht nur über Köpfe, sondern sogar über den Kurs der EU abstimmen, sieht sich auf ganzer Linie getäuscht.

Statt Schulz oder Juncker dürfte der Wähler nun beide bekommen: den einen als Kommissionschef, den anderen als Parlamentspräsidenten. So hat es die Große Koalition in Berlin ausgemauschelt. Transparent war das nicht, im Gegenteil: Es war ein klassischer Hinterzimmer-Deal, wie er nach dieser Wahl eigentlich tabu sein sollte.

Und statt einer anderen EU-Politik zeichnet sich ein entschiedenes „Weiter so“ ab. Die Sozialdemokraten fordern zwar, ganz bescheiden geworden, mehr „Flexibilität“ beim Stabilitätspakt und mehr Zeit beim Schuldenabbau. Doch die Konservativen halten mit mehr Liberalisierung und Privatisierung dagegen.

So haben es Kanzlerin Merkel und der britische Premier Cameron bei ihrer Bootsfahrt in Schweden ausgekungelt. Auch das war ein klassischer Hinterzimmer-Deal, auch wenn die schwedische Mittsommersonne ein mildes Licht auf die Szenerie warf. Im Ergebnis dürfte Juncker – wenn er denn gewählt wird – an der konservativen Kette liegen.

Damit er gewählt wird, fehlt wohl nur noch ein Detail: Als „Entschädigung“ für seine Niederlage im Streit über Juncker fordert Cameron einen oder gar mehrere wichtige Posten in der nächsten EU-Kommission. Noch ist nicht klar, ob auch dieser Hinterzimmer-Deal rechtzeitig vor dem EU-Gipfel am Donnerstag zustande kommt. Klar ist jedoch schon jetzt, wer der Verlierer dieses intransparenten Geschachers ist: die europäische Demokratie. Nicht die Bürger hatten – wie versprochen – das letzte Wort. Vielmehr sind es wieder einmal die Staats- und Regierungschefs, die den Ton angeben. Die Chance auf einen demokratischen Neubeginn wurde vertan.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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5 Kommentare

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  • Mit Leuten wie Merkel ist eben keine Demokratie zu machen! Der Weg demokratischer Entscheidungsfindung ist und war Merkel immer suspekt. Demokratie heisst bei ihr, dass sie die letzte Entscheidung fällt - und ganz sicher nicht die Wahlberechtigten.

  • JETZT WIRD ES AUF DEM BOAT ENG.

     

    Die Konservativen (oder Christdemokraten, der Name ist bereits Hohn für die Demokratie) höhlen die Demokratie aus und schiffen im Trüben.

     

    http://youtu.be/9BL9U1H6xl0

  • taz: So hat es die Große Koalition in Berlin ausgemauschelt. Das stimmt nur bedingt! Die anderen EU-Länder und das EU-Parlament bestimmen ebenfalls mit! Demokratie lebt halt einmal von Kompromissen und ist nicht so einfach wie eine Diktatur!

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Das übliche Postengeschachere halt und am Ende hat man so oder so dieselben Flaschen, die dann auch alle dieselbe Klientelpolitik für die Bonzen machen. Die Großkopfeten sehen halt zu, daß sie nicht zu kurz kommen.

    Daß man sich überhaupt noch darüber aufregt...