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Kommentar EU-Hilfe für GriechenlandVom Drama zur Farce

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Die Eurogruppe ist unfähig, sich in der Schuldenkrise zu einigen. Griechenland droht endgültig zur Schuldenkolonie zu verkommen.

Man mag die Fahnen noch so penibel gerade zupfen, das Verhältnis von EU und Griechenland ist ganz grundsätzlich schief Foto: dpa

I n der Geschichte ereignet sich alles zweimal: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce. An dieses berühmte Marx-Zitat erinnert der Schuldenstreit um Griechenland, der nun schon wieder die Eurogruppe in Brüssel beschäftigt. Wie vor einem Jahr sind die Gläubiger tief zerstritten. Wie damals halten sie Griechenland hin, um von ihrer eigenen Unfähigkeit abzulenken. Statt sofort die nächste Kredittranche freizugeben, wurde Athen auf den 24. Mai vertröstet.

Eigentlich müsste Premier Alexis Tsipras nun „Foul“ schreien. Denn er braucht dringend frisches Geld – so dringend, dass er die bisher härtesten Rentenkürzungen gegen massive Proteste durchs Parlament gepeitscht hat. Doch stattdessen gibt sich Tsipras zufrieden. Es sei ein großer Fortschritt, dass die Eurogruppe endlich über Schulden-Erleichterungen gesprochen habe. Athen werde nun für seine Mühen belohnt, frohlockt der Syriza-Chef.

Und hier beginnt die Farce: Denn in Wahrheit sollen diese Erleichterungen erst 2018 kommen – und dann auch nur in homöopathischen Dosen. Vorher soll Tsipras aber neue, noch härte Sparmaßnahmen beschließen – auf Vorrat. Die Grausamkeiten sollen künftig sogar automatisch kommen: Tsipras soll dafür eine Art Ermächtigungsgesetz unterzeichnen. Es ist seine größte Niederlage seit der Wendung vom Linkspolitiker zum Austeritäts-Apostel. Denn nun muss er nicht nur die knallharten Sparauflagen vom vergangenen Jahr umsetzen, sondern auch noch Überschüsse erwirtschaften.

Selbst der Internationale Währungsfonds (IWF) glaubt nicht, dass das gelingen kann. Doch auch IWF-Chefin Christine Lagarde ist Teil dieser Farce. Schon vor einem Jahr hat sie einen Schuldenschnitt für Griechenland gefordert. Damals hätte sie die Macht gehabt, sich durchzusetzen und Tsipras zu helfen. Diesmal hingegen ist das Kind längst in den Brunnen gefallen. Die Schuldenlast steigt unaufhaltsam weiter; heute ist sie größer als je zuvor. Eigentlich dürfte der IWF unter diesen Umständen gar nicht mehr mitspielen.

Doch Lagarde droht nur mit dem Ausstieg aus dem Hilfsprogramm. Sie bellt, statt zu beißen. Die große Frage ist nun, ob der IWF an Bord bleibt, obwohl die Eurogruppe keinen echten Schuldenschnitt will. Wenn ja, dann kann die Farce weitergehen. Bis 2060 will Brüssel den Austeritätskurs fortsetzen – natürlich unter dem Deckmantel großzügiger Hilfe. Wenn das Realität wird, verkommt Griechenland endgültig zur Schuldenkolonie. Und wenn Nein? Wenn der IWF „bye, bye“ sagt? Dann könnte das Ganze doch noch als Tragödie enden. Denn ohne den IWF will auch Deutschland nicht mehr helfen. Dann würde es zum großen Knall kommen, das unwürdige Theater wäre beendet. Ob es Griechenland danach besser gehen würde – das steht auf einem andern Blatt.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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3 Kommentare

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  • Eigentlich ist man entsetzt. Entsetzt über den griechischen Ministerüräsidenten Tsipras. Für seinen eigenen Machterhalt pfeift er auf seine politische Biografie und vergisst, warum er einst gewählt wurde, Man ist entsetzt von den Gläubigern. Lieber verzichten sie auf ihr gesamtes Geld anstatt Griechenland eine wirtschaftlich vernünftige Zukunft zu finanzieren. Die Zeche bezahlen die Armen in Griechenland und die Flüchtlinge dort. Mit Menschenrechten hat das nichts zu tun. Aber viel mit Arroganz und Dummheit.

  • Die Angst von SPD und CDu vor der AfD stellt für Griechenland eine neue, grosse Gefahr dar.

     

    Während Merkel und Schäuble bisher immer im letzten Moment nachgegeben haben, könnte die ausserparlamentarische Opposition jetzt den Daumen der europäischen Herrscher für die Griechen nach unten drehen.

     

    Die dramatischen Folge wären Pleite, Drachme und möglicherweise sogar EU-Austritt. Da können die Franzosen noch so sehr protestieren.

  • Eigentlich müsste es für Griechenland ein leichtes sein, zweistellige Wachstumsraten zu erreichen, wenn all die Geschäfte, die bisher schwarz abgewickelt wurden, in den offiziellen Wirtschaftskreislauf eingingen. Dan würden auch mehr Steuern gezahlt.

     

    Ansonsten hat sich seit dem Vorjahr nichts geändert. Es werden nach wie vor die Auflagen abgearbeitet, die damals schon vereinbart wurden. Man ist halt etwas spät dran, das kann man Europa nicht vorwerfen. Was jetzt Gesetz wurde, war zugesagt, um den Grexit zu vermeiden. Man kann jederzeit den Schuldenschnitt bekommen, nur ohne Euro.