piwik no script img

Kommentar EU-DiskriminierungsrichtliniePeinliche Blockadehaltung

Malte Göbel
Kommentar von Malte Göbel

Deutschland sperrt sich als einziges EU-Land gegen eine Antidiskriminierungsrichtlinie. Die Gründe sind nachrangig bis absurd.

Nicht überall geht es so einfach. Foto: dpa

G anz schön peinlich: Deutschland blockiert die Verabschiedung einer neuen EU-Diskriminierungsrichtlinie. Alle anderen 27 EU-Staaten sind dafür, ebenso die Kommission, der Kommissionspräsident, das EU-Parlament. Deutschland, das sich sonst gern als Verfechter von Menschenrechten weltweit geriert, steht mit seinem Veto allein.

Die Gründe für die Blockade sind nicht einleuchtend. Im Gegenteil gibt es gute Argumente, die Richtlinie endlich zu verabschieden. Sie würde zwar nicht schlagartig die Diskriminierung von Minderheiten beenden, aber sie würde die Rechtssicherheit von JüdInnen, MuslimInnen, Menschen mit Behinderung, Alten, Lesben und Schwulen europaweit deutlich verbessern.

Noch dazu sind viele der in der Richtlinie vorgesehenen Regelungen in Deutschland schon längst umgesetzt. Warum dann die Blockade?

Man sei in internen Beratungen, beteuert eine Sprecherin des zuständigen Bundesfamilienministeriums. Ist ja schön, dass sieben Jahre nach der ersten Vorstellung mal über die Richtlinie gesprochen wird. Die bisher von deutscher Seite geäußerten Bedenken sind nachrangig: Antidiskriminierung sei Sache der Einzelstaaten, eine Richtlinie verletze deren Zuständigkeit.

Das sind vorgeschobene Argumente. Diese Richtlinie ist die fünfte zum Thema, seit 2000 gab es bereits vier zu Diskriminierungen aufgrund von „Rasse“, ethnischer Herkunft und Geschlecht. Diese hat Deutschland mitgetragen und umgesetzt.

In einem Appell protestieren 40 Nichtregierungsorganisationen und Verbände gegen den deutschen Kurs. Initiiert hat den Protest die Antidiskriminierungsstelle – absurderweise eine Institution des Bundes. Interne Kritik hat offenbar nicht gereicht, bestätigt Leiterin Christine Lüders: „Der Bundesregierung ist bekannt, dass hier Dissens herrscht.“ Der Öffentlichkeit nun auch. Höchste Zeit, dass die Bundesregierung ihre peinliche Blockade aufgibt.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Malte Göbel
Autor_in
Berliner mit Kartoffelhintergrund. 2011-2020 bei der taz, u.a. als Ressortleiter Online, jetzt Autor, Themen: Privilegien, Machtstrukturen, USA, Italien, Fußball, Queer, Comics u.a.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!