Kommentar EU-Bericht zur Biokontrolle: Gut muss noch besser werden
Wir sollten Bio kaufen – auch wenn der EU-Rechnungshof Mängel im Öko-Kontrollsystem festgestellt hat. Denn die meisten Produkte sind sauber.
S ollen wir jetzt kein Bio mehr kaufen? Diese Frage stellt sich, wenn man den Sonderbericht des EU-Rechnungshofs zu den Kontrollen von Ökolebensmitteln liest. Demnach ließ sich bei 42 Prozent der von den Prüfern getesteten Importe nicht ermitteln, wer die Produkte erzeugt hat. Es ist also unklar, ob die Bauern sich wirklich an die Bioregeln gehalten haben.
Die Zahlen lassen sich aber auch anders lesen: Bei 58 Prozent der überprüften Einfuhren hat das System funktioniert. Wenn die Ware aus ausschließlich einem Staat innerhalb der EU kam, lag die Erfolgsquote sogar bei 83 Prozent. Wichtig ist auch zu wissen, dass nur ein kleiner Teil aller Bioprodukte in der EU importiert wird.
Auf den gesamten Markt bezogen steht deshalb fest: Ökoware ist auch meistens bio. Um Natur und Gesundheit zu schonen, sollte man sie kaufen. Wer konventionelle Lebensmittel konsumiert, belastet die Umwelt unnötig. Wer sich für Bio entscheidet, kommt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit seiner Verantwortung als Verbraucher nach. Dennoch sind die Lücken im Kontrollsystem immer noch viel zu groß. Von hundertprozentiger Zuverlässigkeit sind wir weit entfernt. Diese Mängel gefährden die Glaubwürdigkeit des Biosiegels.
Deshalb muss die EU-Kommission mehr Personal abstellen, um die Kontrollstellen und die Aufsichtsbehörden in den Mitgliedsländern besser zu überwachen. Es kann nicht angehen, dass die Behörde erst nach fünf Jahren das erste Mal eine Kontrollstelle überprüft, die rund ein Drittel aller Bioimporte aus der Dominikanischen Republik zertifiziert. Und dass die Kommission Jahre braucht, um die Missstände bei einigen Kontrollstellen in China anzugehen, geschweige denn in den Griff zu bekommen.
Dass der Rechnungshof der Europäischen Union zum wiederholten Mal den Finger in diese Wunden legt, gibt Anlass zur Hoffnung. Denn an dieser EU-Behörde kommt man in Brüssel und den Regierungen der Mitgliedstaaten nicht so leicht vorbei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen