Kommentar zur Bio-Import-Kontrolle: Mehr Personal für die Ökoaufsicht
Die EU-Kommission verfolgt mit ihrer geplanten Reform für die Regulierung der Ökobranche eine falsche Spur. Wichtig wären dichtere Kontrollen.
D er Skandal um Schmu bei der Kontrolle von Bioimporten aus Äthiopien zeigt: Die EU-Kommission ist mit ihrer geplanten Reform der Regeln für die Ökobranche auf dem falschen Dampfer. Denn der Entwurf der Kommission für eine neue Bioverordnung der Europäischen Union würde Missstände wie in diesem Fall nicht beheben.
Die Aufsichtsbehörden haben hier jahrelang sehr präzise und gut belegte Beschwerden eines Kontrollstellenleiters über zwei andere private Biokontrollstellen weitgehend ignoriert. Manche vermeintliche Ökobauern in Äthiopien haben den Hinweisen zufolge eingeräumt, verbotene Chemikalien genutzt zu haben. Wenn die Beamten diese Vorwürfe trotz der kompetenten Quelle nicht glauben, müssen sie schon selbst oder von ihnen beauftragte Gutachter mit den Bauern sprechen.
Doch das haben sie nicht getan. Wohl auch, weil die EU-Kommission nicht genügend Leute für die Aufsicht über die Biokontrolleure abstellt. Jedes Jahr überprüft die Behörde weniger als zehn Kontrollstellen in Nicht-EU-Ländern. Daran würde der Verordnungsentwurf aus Brüssel nichts ändern. Er könnte zwar die Regeln für Importe etwas übersichtlicher machen, denn es gäbe nicht mehr unterschiedliche Detailvorschriften für jede Kontrollstelle und jedes Land.
Aber was nützt das, wenn die Regeln nicht durchgesetzt werden? Die Kommission sollte lieber mit mehr Personal die Kontrollstellen überwachen. Ob sie dafür neue Dienstposten bekommen oder vorhandene Ressourcen anders einsetzen muss, darüber ließe sich diskutieren.
Stattdessen verkämpft sich die Kommission darin, in der neuen Ökoverordnung einen Pestizidgrenzwert extra für Bioprodukte einzuführen. Der Aufwand für noch größeren Abstand zu konventionellen Feldern und für noch mehr Laboruntersuchungen würde Ökolebensmittel noch teurer machen – aber nur wenige Betrüger abschrecken. Die können etwa Getreide konventionell auch so anbauen, dass kaum Pestizide in der Ware landen. Zur Not mischen sie wenig und stärker belastete Ware, bis der Grenzwert eingehalten wird. Genauso war es bei mehreren großen Skandalen der Vergangenheit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt