Kommentar Christian Wulff: Hoffnung auf Mitleid

Wulff hätte das Angebot der Staatsanwaltschaft annehmen sollen. Sie wollte keinen Schauprozess. Jetzt droht dem Ex-Bundespräsidenten eine Verurteilung.

Mit neuer Brille: Christian Wulff. Bild: dpa

Christian Wulff hat das Angebot nicht angenommen. Er will keine Geldauflage in Höhe von 20.000 Euro zahlen, um eine Einstellung des Korruptionsverfahrens zu erwirken. Jetzt muss die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Bestechlichkeit gegen ihn erheben. Eine Verurteilung ist nicht unwahrscheinlich.

Zwar bestreitet niemand, dass Wulff sich als Ministerpräsident für die Vermarktung eines niedersächsischen Films einsetzen durfte. Und er durfte dies auch, obwohl der Finanzier ein persönlicher Freund war.

Strafrechtlich relevant wird es, wenn der Freund Wulff erst aufs Oktoberfest einlädt und einen Teil der Hotelkosten spendiert und am nächsten Tag um geschäftliche Unterstützung bittet. Wer da nicht an Leistung und Gegenleistung denkt, ist Romantiker.

Es ging dabei um einen Vorteil von einigen hundert Euro. Für einen chronisch klammen Politiker wie Wulff damals eine relevante Summe.

Wenn Wulff meint, er kann den Korruptionsverdacht aus der Welt schaffen, dann sollte er es tun. Bisher ist es ihm nicht gelungen. Das Argument, er habe nur seine Aufgabe als Ministerpräsident erfüllt, genügt nicht.

Auch wer sich für eine legale Amtshandlung beschenken lässt, macht sich strafbar – wegen Vorteilsannahme. Und hier ging es um eine Ermessenshandlung, Wulff musste sich nicht für diesen Film einsetzen, er hat es aus eigenem Ermessen getan.

Der oft gehörte Vorschlag, die Staatsanwaltschaft solle den Vorwurf auf das weniger schwere Delikt Vorteilsannahme zurückstufen, steht nicht offen. Wenn es eine Verbindung zwischen Einladung und Unterstützung gab, dann ist es Bestechlichkeit.

Zwar standen ursprünglich noch andere Vorwürfe im Raum, bei denen sich der Sachverhalt am Ende als weniger eindeutig erwiesen hat. Diese werden deshalb zu Recht nicht angeklagt. Kein Grund, den eindeutigen Fall zu den Akten zu legen.

Die Staatsanwaltschaft wollte keinen Schauprozess. Sie hätte das Verfahren gegen Geldbuße eingestellt, Wulff war das zu wenig. Er hofft offensichtlich auf Mitleid.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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