Kommentar CSU und die Pkw-Maut: Stärke zeigen
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer braucht die Pkw-Maut. Sie ist sein Beleg dafür, dass die CSU auch bundespolitische Bedeutung hat.
E rst vor kurzem hatte der Ex-Partevorsitzende Erwin Huber und der ehemalige Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich kritisiert, Seehofer könne sich in der Koalition nicht durchsetzen. Es ist zwar nur das Raunen von Ehemaligen, trotzdem stand die bundespolitische Gestaltungsmacht der CSU in Frage. Dazu kommt, dass die CSU in Berlin gerade eine Schlappe wegstecken musste: Ihre europakritische Forderung „Wer betrügt, der fliegt“ verpuffte als populistische Nullnummer.
Die Vorstellungen der CSU zum Kampf gegen Armutsmigration sind nicht durchsetzbar – das EU-Recht erlaubt es nicht. Dass Seehofers großes Wahlversprechen, die Pkw-Maut nur für Ausländer, das gleiche Schicksal ereilt will er unbedingt verhindern. Sie dient ihm nicht nur dazu, in Berlin Stärke zu beweisen, sondern sichert ihm auch die Zustimmung seiner bayerischen Wähler. Nirgends ist die Pkw-Maut so beliebt wie im Transitland Bayern. Die Kritik aus seiner eigenen Partei, die Maut würde den Grenzverkehr gefährden, hat Seehofer schnell wieder eingefangen.
Jetzt mosern die zwei größten Landesverbände der CDU. Doch auch das muss Seehofers Position nicht schwächen. Es passt in das Selbstbild der CSU, gegen alle Widerstände als einzige Partei auch unangenehme Themen anzusprechen. Ein gewisses Rebellentum selbst gegen die Schwesterpartei erwarten die bayerischen Wähler von ihrem Ministerpräsidenten. Solange die Zustimmung in der Koalition nicht vollends kippt, kann ein wenig Kritik sogar förderlich sein für Seehofers Selbstinszenierung.
Dass sein einziger Beweis, in Berlin ernst genommen zu werden, scheitert, wird er aber nicht zulassen. Ob das geschieht hängt davon ab, wie viel Verhandlungsmasse ihm das EU-Recht lässt, um nörgelnde CDU-Landesverbände etwa mit einer Ausnahmeregelung für die Grenzregionen zum Schweigen zu bringen.
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