Kommentar Bürger und Kohleausstieg: Elefant mit Knick im Rüssel
Umweltministerin Hendricks hat ein Problem. Sie will raus aus der Kohle. Die großen Tiere werden ihr kaum helfen. Die vielen kleinen Fliegen schon.
E s gibt da dieses wunderschöne Kinderbuch, in dem ein blauer Elefant sich einen Knick in den Rüssel tritt. Und so geht er zu den anderen Rüsseltieren, zum Schwein und dann zum Nasenbären, und fragt: „Kamfu mir helfen?“ Am Ende sind es aber zwei kleine Fliegen, die den Elefanten retten. Sie kitzeln ihn im Rüssel, haaaaatschi, und alles wird gut.
Ganz ähnlich muss man sich die Sache vorstellen mit Barbara Hendricks, der Umweltministerin. Diese Frau Hendricks hat jetzt ein Problem. Sie hat aus Paris zwar ein schönes Stück Papier mit nach Hause gebracht. Aber wenn niemand ihr dabei hilft, die anspruchsvolle Aufgabe umzusetzen – nämlich den zügigen Ausstieg aus der Kohle in Deutschland zu bewerkstelligen –, dann steht sie ohne Freunde da, mit einem großen Knick im Rüssel.
Sie könnte jetzt die anderen großen Tiere fragen, ob sie ihr helfen, doch es lässt sich sagen: Auf die kommt es nicht an. Schon der Atomausstieg in Deutschland ist der Erfolg der Kleinen gewesen. Es war eine über Jahrzehnte aktive Umweltbewegung, die sowohl fundierte fachliche Expertise hatte, als auch anständige propagandistische Kampagnenarbeit geleistet hat, mit Sitzblockaden in Gorleben und einem soziokulturellen Beteiligungsmodell für Tausende Empörte.
Diese Umweltbewegung, das Heer der Fliegen, steht im Kampf um die Kohle bereit. Und es ist wichtig, dass diesem mächtigen Heer von nun an gewahr ist, dass es beim deutschen Kohleausstieg auf seine Präsenz ankommen wird.
Es gibt zwei Orte in Deutschland, das sind die Kohlereviere in der Lausitz und am rheinischen Tagebau, die das Zeug haben, zu den nächsten Großkampfarenen à la Gorleben zu werden. Und wer daran noch immer zweifelt, wird dies im Frühjahr 2016 beobachten können. Da werden die Fliegen den großen Tieren die Rüssel lockern. Umweltministerin Barbara Hendricks darf sich darauf freuen, denn für sie heißt das: Alles wird gut.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
HTS als Terrorvereinigung
Verhaftung von Abu Mohammad al-Jolani?