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Kommentar Bruch mit GriechenlandZynische Euroretter

Kommentar von Eric Bonse

Griechenland taumelt auf den Euro-Ausstieg zu und die Euroretter wissen nicht mehr weiter. Sie hoffen nun, dass die EZB das Land rettet.

Gescheiterte Retter: Wolfgang Schäuble und die anderen Finanzminister der Eurogruppe. Foto: dpa

S eit Monaten wird über einen möglichen Bruch zwischen Griechenland und seinen Gläubigern spekuliert. Schon im Januar streute die Bundesregierung das Gerücht, ein Grexit sei kein Problem, man habe alles im Griff. Noch am vergangenen Freitag betonte Kanzlerin Merkel, ein „Plan B“ sei kein Thema. Doch nun ist der Ernstfall eingetreten, und siehe da: Die Euroretter sind ratlos.

Statt sofort einen Krisengipfel der Staats- und Regierungschefs einzuberufen, wie es früher einmal üblich war, haben sie den Bruch mit Griechenland wie einen Verwaltungsakt durchgewinkt. Statt einen Fahrplan für einen geordneten Ausstieg aus dem gescheiterten Hilfsprogramm vorzulegen, haben sie an Athen appelliert, für Stabilität im Finanzsystem zu sorgen.

Das ist etwa so, als würde man einem Schwerverletzten die Notbeatmung abstellen und ihn dann noch bitten, für frische Luft zu sorgen. Zynisch klingt auch die Beteuerung, man wolle Griechenland trotz allem unbedingt im Euro halten. Das sagten die Finanzminister nur wenige Minuten, nachdem sie ihren Kollegen Varoufakis ein für alle Mal aus dem Raum herauskomplimentiert hatten.

Die bittere Wahrheit: Griechenland taumelt auf den ungeordneten Ausstieg aus dem Euro zu. Der Grexit wird nicht nur Hellas erschüttern, sondern ganz Europa. Wenn es dumm läuft, erleben wir den europäischen Lehman-Moment. Als die Amerikaner 2008 die Investmentbank Lehman Brothers pleitegehen ließen, dachten sie auch, das sei nur ein Verwaltungsakt.

Nun kann nur noch die Europäische Zentralbank das Schlimmste verhindern, EZB-Chef Draghi muss – wie auf dem Höhepunkt der Eurokrise 2012 – für die Politik die Kohlen aus dem Feuer holen. Dieselben, die Griechenland eben noch fallen ließen, hoffen nun, dass Draghi das Land doch noch rettet. Das ist Zynismus pur.

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30 Kommentare

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  • Wenn man schon die Politik kommentiert, dann sollte man sich wenigstens an die Fakten halten. Bei der Griechenland-Debatte geht es nicht um einen Ausstieg aus dem Euro oder aus der EU. Kein einziger Politiker in der Eu oder in Griechenland redet davon, im Gegenteil! Nur die Zeitungen scheine einen Affen daran gefressen zu haben. Das zeugt jedoch nicht von Qualitätsjournalismus, eher billigem ich will auch mal meinen Quatsch loswerden.

  • Offenbar ist hier vielen Leuten nicht bewußt, wer die Schuld an der Wirtschaftskrise trägt. Ich geb Ihnen mal nen Tipp: Tsipras ist es nicht.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Nichts gegen eine ordentliche Triebabfuhr!

     

    Wer jedoch nicht einfach nur irgendetwas absondern, sondern Ernst genommen werden möchte, sollte mit Argumenten, am besten mit nachvollziehbaren (mit Angabe von Quellen) in die Debatte einsteigen!

     

    Es soll Leser/ Kommentatoren geben, die sich an verifizierbaren Aussagen erfreuen.

  • Die Altschulden GR kamen aus den 80er-90er Jahren v.a. aus Kauf von Kriegsgerät.

    • @nzuli sana:

      Schenkt man der database von SIPRI und der Länderanalyse des BMF Glauben, ist diese Aussage absoluter Bullshit. Aber hier darf ja jeder alles behaupten. Also: die Altschulden Griechenlands stammen vom exessiven Dildo- und Erdnusskauf.

  • Bislang haben die Euro-Mitgliedsländer und der Internationale Währungsfonds Griechenland mit rund 226 Milliarden Euro ausgeholfen, doch davon flossen nur 15 Milliarden in den unmittelbaren Betrieb des Staates, also etwa in die Polizei und in Renten. Inklusive indirekter Staatsausgaben kommt man auf 27 Milliarden Euro – gerade einmal elf Prozent der Gesamtsumme.

    Vgl.: d3profa6mo6ewq.cloudfront.net/DGj4K/4/

     

    Leider haben auch die Medien in Deutschland malwieder vollkommen versagt. Anstatt sachlich über Entwicklung und Zahlen zu berichten, wurde oberflächlich und einseitig berichtet (TAZ zum Teil ausgenommen) !

  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    "Wenn es dumm läuft, erleben wir den europäischen Lehman-Moment."

     

    Wann läuft / kommuniziert er / sie / es denn mal nicht dumm???

     

    Zitat:

     

    "Nicht Mangel an Geist, sondern ein Geist*, der sich ununterbrochen selbst gegenwärtig ist, eine Ausgeglichenheit gegen die nichts und niemand ankommt. Die Menschen reden, die Karawane zieht vorüber: Die Dummheit erkennt man an jenem ruhigen Fortschreiten eines Wesens, das Worte von aussen weder ablenken noch berühren können. Sie ist nicht das Gegenteil der Intelligenz, sondern jene Form der Intellektualität, die alles auf ihr eigenes Maß zurechtstutzt und jeden Anfang in einem vertrauten Vorgang auflöst. Der Dummheit ist nichts menschliches jemals fremd; die macht – über die Lächerlichkeit hinaus – ihre unerschütterliche Kraft und ihre mögliche Grausamkeit aus.” (Alain Finkielkraut) *Zeitgeist / Bewußtsein

  • "Das ist etwa so, als würde man einem Schwerverletzten die Notbeatmung abstellen und ihn dann noch bitten, für frische Luft zu sorgen."

     

    Zu diesem Bild gehört, dass unser Schwerverletzter ein stark Suchtkranker ist, der sich über Jahre in den Tod saufen wollte, nun ständig an den Schläuchen und Verbänden rumreißt die ihm helfen sollen und dazu noch das Pflegepersonal beschimpft.

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @Dhimitry:

      "...und dazu noch das Pflegepersonal beschimpft."

       

      Pflegepersonal: "Mehr Sauerstoff? Nur wenn Sie ab dem 01.07.2015 alle zwei Tage Nahrung zu sich nehmen und sich verpflichten, am 01.10.2015 eine Niere zu verkaufen"

    • @Dhimitry:

      ...sprechen Sie von der deutschen Regierung?!

      • @Fotohochladen:

        Die Antwort finden Sie im Text weiter oben. ;)

  • Griechenland war nicht zu halten, das wußte man schon lange. Es ging die ganze Zeit über nur noch darum, den Griechen den Schwarzen Peter zuzuschieben und mit Syriza hat man jetzt den perfekten Sündenbock.

     

    Der Euro ist wie die EU ein neoliberales Fehlkonstrukt.

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      "Der Euro ist wie die EU ein neoliberales Fehlkonstrukt."

       

      Genau, wen interessieren schon 70 Jahre Frieden zwischen Deutschland und Frankreich.

       

      Wenn es der "Neoliberalismus" ist, dem wir diesen Frieden verdanken, dann sage ich, danke Neoliberalismus!

      • @Dhimitry:

        Der Neoliberalismus ist aber nicht der Grund für den Frieden.

         

        Genausogut könnten Sie behaupten, wenn man den Nikolaus abschaffte, gäbe es keinen Winter mehr.

      • @Dhimitry:

        Eben das ist der gängige Unfug, der den Bürgern ins Hirn gestampft werden soll. Europa ist eine Vision, die mit Leben erfüllt werden muss. Der Neoliberalismus ist das Gegenteil einer Vision. Der Neoliberalismus hat die europäische Vision zerstört und es wird Zeit, dass wir die Totengräber, wenn nötig aus ihren Ämtern prügeln.

  • Jetzt sollten wir nachdenken, warum wir Exportweltmeister auch in Europa sind:

    Plakat Volkswirtschaft neu Kopie.pdf

    Zur Erinnerung:

    Kohl, Weigel und der Jurist Schäuble haben 1990 mit dem Finanzmarkt Förderungsgesetz die Banken von der Umsatzsteuerbefreit. Damit hat sich die Euro Geldmenge vervielfacht. Damit haben wir den armen Staaten Kredite für unsere Exporte gegeben. Zum Teil vorsätzlich ohne zu prüfen, ob diese "Bankkunden" soviel Euro plus Zinsen zurückzahlen können. Deshalb sind wir Exportweltmeister.

    Der Ökonom fordert aber neben Vollbeschäftigung - Wachstum - Preisstabilität - ein aussenwirtschaftliches Gleichgewicht!

    Jetzt wird es Zeit voraus zu denken, denn Banken Rettung zu Lasten der Bürger kann nicht gut gehen: Wir haben mehr Geld als die versprochenen realen Güter!

    • @Peter Meisel:

      genau so ist es. wir bezahlen unsere exporte selbst. diese ganzen politdarsteller haben nur eines unter beweis gestellt. sie sind die negativauslese.

  • Eigentlich zeigt das ganze Drama nur, dass unsere Politiker den Finanzmärkten und den Heuschrecken hilflos ausgeliefert sind.

    Bevor die Demokratie ihren Gestaltungsanspruch in der Politik nicht wieder zurückgewonnen hat, wird sich kein Problem mehr lösen lassen.

  • Nur Männer im Bild, fast. Eine halbverdeckte Frau, im Hintergrund. Sie wird wohl, wie viele Frauen dieser Männer in puncto "Haushalt und Finanzen" Regie führen. Kompetent. Und unbezahlt...

    • @Gion :

      Fantasie...

  • 6G
    64938 (Profil gelöscht)

    Ich habe den Artikel so verstanden, das es möglicherweise bald garnicht mehr um Griechenland, sondern um die Eurozone als Ganzes geht. Und das ist dann wohl kaum ein griechisches Problem.

    Wenn die Finanzmärkte als nächstes Italien oder Soanien angreifen, wird wohl auch der dümmste in unserem selbstverliebten Land kapieren, warum es gut gewesen wäre, an Griechenland nicht ein Exempel um JEDEN Preis statuieren zu wollen!

    • @64938 (Profil gelöscht):

      Völlig richtig. Der Euro und die EU gehen den Bach runter. Griechenland ist nur der Anfang.

  • Der Kommentar mag ja bezüglich des Verhaltens von EU/IWF/EZB recht haben, nur frage ich mich, warum so getan wird, als hätte die griechische Regierung mit diesen Vorgängen nichts zu tun...

    • @Gerd Müller:

      Aber sicherlich haben griechische Regierungen damit zu tun. Es wurde doch auch schon berichtet, wie seit 2003 vemrehrt auffiel, dass eine ganze reihe deutscher Rüstungsfirmen für de pro Kopf höchsten Rüstungsausgaben in europa sorgten - nämlich in Griechenland.

       

      Und so lange das Land Geld hat, muss es fataler Weise die langfristigen Verträge mit deutschen Rüstungsfirmen einhalten und zahlen. Die aktuelle regierung mss mit der Erbschuld konservativer Vorgängerregierungen leben.

       

      Nicht nur das. Auch die Möglichkeiten zu Steuereinnamen bei Reichen wurden von den Vorägngerreigerungen willig sabottiert. Eine Lösung wie auf Zypern ist nicht mehr möglich, weil die das Kapital außer Landes "fliehen" ließen.

       

      Aber angesichts des Hungers der Bevölkerung sehe ich das Begehren der gegenwärtigen griechischen Regierung, die Kredite so lang wie möglich zu strecken, als völlig leigitjm an. Sollte es nicht möglich sein, die Schuleden je zu tilgen, müsste Griechenland einen Schuldenerlass erhalten.

       

      Gerade für Deutshcland kann sich dann aber die sinnlose Exportüberschussorientierung bis zum Bankrott anderer Staaten der EU als böse Falle heraussstellen. Diese Falle wird zuschnappen. Die Frage ist nicht ob sondern nur noch wann.Konservative Politiker aus Griechenland und Deutschland werden damit zu Sargnägeln des Euro und der EU.

      • @Celsus:

        Um mal bei den Fakten zu bleiben: auf die konkrete Forderung der EU, die Rüstungsausgaben um 400 Millionen zu senken, wollte Tsipras nur in Höhe von 200 Millionen eingehen...

      • @Celsus:

        Sie lassen es gerade so klingen, als ob deutsche (böse!) Rüstungs(Böse!!)firmen(BÖSE!!!) die verschiedensten Pasok- und ND-Regierungen zwangen, den Waffenkram zu kaufen... das ist einerseits Unsinn und andererseits hart an der Grenze zum Rassismus, weil es unterstellt, daß den Griechen keine rationale oder längerfristig denkende Entscheidungen zumutbar sind - als seien sie Kinder vor dem Süßwarenregal oder Drogensüchtige, und somit minder zurechnungsfähig.

         

        Natürlich haben deutsche Firmen in Griechenland auf Teufel komm raus geschmiert und gedrückt - aber es wäre auch tatsächlich möglich, Bestechungsversuche abzulehnen.

        • @Wurstprofessor:

          Aber nein. Verlockungen mittels Korruption sind doch kein Zwang. Aber am Geschäft unbeteiligte (!) Dritte haben naturgemäß für das leicht mehr als Hundertfache der eingesetzten Mittel zu büßen. Diese unbeteiligten Dritte sind weder mit Drogenabhängigen noch mit sonstigem zu vergleichen.

           

          Wenn ich die derzeitigen Zustände in Griechenland anschaue, bei denen sich Menschen zwischen Miete und Bezahlung der Krankheitskosten entscheiden müssen oder doch lieber Selbstmord, würde ich tatsächlich verbrecherisch sagen. Ja: Das ist abgrundtief böse. Korruption in dem massenhaften Stil ist böse.

  • Frage: Was ist ein Raum mit den versammelten europäischen Regierungschefs?

     

    Antwort: eine kompetenzfreie Zone

    • @christian hilleprandt:

      Das mag vielleicht sogar stimmen - Was das über die Demokratie sagt soll jeder für sich entscheiden.

       

      Ich für meinen Teil begnüge mich mit der ebenso bedauerlichen Perspektive dass ich mit fast jedem Kommentar den ich zur Griechenland-Krise lese feststellen muss dass die Politiker vielleicht nicht das Gelbe vom Ei, aber immer noch deutlich geeigneter als die meisten Kommentatoren sind.