Kommentar Brexit: May am Ende obenauf
Die britische Labour-Opposition schafft es nicht, aus dem Brexit-Debakel der Premierministerin Profit zu schlagen. Sie verhilft May zu neuer Stärke.
A uch ein politisches Erdbeben kann einen Tsunami auslösen. Aber anders als in der Geologie lässt sich in der Politik nicht kalkulieren, wo die Flutwelle landet.
Nie hatte eine PremierministerIn in Großbritannien eine schwerere Niederlage im Parlament erlitten als Theresa May am Dienstag bei der Abstimmung über ihren Brexit-Vertrag mit der EU. Aber nicht Theresa May stand danach das Wasser bis zum Hals, sondern ihrem Gegenüber Jeremy Corbyn. Der stellte die Vertrauensfrage – und verlor.
So steht Theresa May jetzt nach ihrem Brexit-Debakel gefestigter da als vorher. Tory-Politiker sind erfahrungsgemäß für jeden Blödsinn zu haben, aber politischen Selbstmord begehen sie nicht. Noch bevor das Ergebnis des Misstrauensvotums am Mittwochabend feststand, wirkte der linke Labour-Oppositionsführer wie ein Getriebener.
Im Parlament nach seiner eigenen Brexit-Position im Falle von Neuwahlen gefragt, konnte der ewige Zauderer lediglich antworten, dass die Partei sie entscheiden werde. Er beschwerte sich, nicht von Theresa May zu Gesprächen über das weitere Vorgehen im Brexit eingeladen worden zu sein – und als er dann eingeladen wurde, schlug er die Einladung aus.
Europa muss damit leben
So wird das nichts mit einem Machtwechsel an der britischen Wahlurne. Aber ohne ihn bleibt Theresa May im Amt und damit eine Premierministerin, deren pflichtbewusstes Bekenntnis zur Umsetzung des Brexit bisher jede Erschütterung überstanden hat.
Damit muss und sollte Europa leben, Deal oder nicht. Viele Politiker mit Rückgrat gibt es in Europa nicht mehr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Kohleausstieg 2030 in Gefahr
Aus für neue Kraftwerkspläne
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins