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Kommentar Brexit-MissverständnisseVom Kontinent abgeschnitten

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Europa mokiert sich gerne über Großbritannien, das angeblich nicht weiß, wie es den Brexit vollziehen will. Es ist das reinste Sommertheater.

Premierministerin May stellt klar: Mit dem Brexit endet die Personenfreizügigkeit Foto: ap

E s gehört zum guten europäischen Ton im Sommer 2017, sich über den Brexit zu mokieren: Die Briten wüssten nicht, was sie wollen, ist oft zu hören, und Premierministerin Theresa May sei so geschwächt, dass es keinen klaren Kurs mehr gebe. In EU-Kreisen wird gerne behauptet, die Briten hätten keine klare Position, auch wenn sie eine haben.

Die EU hat demgegenüber natürlich immer eine klare Position. Sie ist ja ein mächtiger, geschlossener Staatenbund, dessen 27 Mitglieder immer einer Meinung sind, und Großbritannien nur eine zerstrittene und verwirrte Insel – am Rande des Bürgerkriegs, wie man neulich in einer deutschen Tageszeitung für kluge Köpfe lesen durfte.

EU-Personenfreizügigkeit

Ein Sprecher der britischen Premierministerin Theresa May hat Berichten über eine vorübergehende Beibehaltung der Arbeitnehmerfreizügigkeit nach dem Brexit widersprochen. „Die Personenfreizügigkeit wird im März 2019 ein Ende haben“, sagte der Sprecher am Montag. Es werde neue Regelungen und ein Registrierungssystem für EU-Einwanderer nach dem EU-Austritt geben. Über die Details zu spekulieren, wäre ein Fehler. Die Position der Premierministerin dazu habe sich seit ihrer Grundsatzrede zum Brexit im Januar nicht geändert, teilte der Sprecher mit. Das Statement aus dem Regierungssitz Downing Street kommt, nachdem Mitglieder von May's Regierung in den vergangenen widersprüchliche Aussagen zu dem Thema gemacht hatten. Die Premierministerin ist derzeit im Urlaub. (dpa)

Nun hat also ein May-Sprecher gesagt, dass mit dem Brexit auch die Personenfreizügigkeit ende. Dies wurde prompt als Neuigkeit vermeldet. Dabei ist es erstens eine Selbstverständlichkeit und zweitens schon sei Januar ausdrücklich britische Regierungspolitik. Übergangszeiten nach dem Brexit gehören ebenfalls dazu. Auch dies scheint in den sommerlichen Presseberichten, die jede Ministeräußerung aus London über Übergangszeiten zur Kehrtwende erklären, in Vergessenheit geraten zu sein.

Natürlich gibt es in Großbritannien unterschiedliche Politiker mit unterschiedlichen Meinungen; dies soll zuweilen auch in anderen EU-Staaten vorkommen. Aber die britische Brexit-Position ist klar: Im März 2019 treten wir aus, Neuregelungen danach treten in Kraft, wenn sie fertig sind, und es wäre gut, darüber mal zu reden.

Solange aber die EU lieber darüber redet, dass London sich nach dem EU-Austritt per Vorauszahlung am EU-Budget zu beteiligen hat und dass für britische Einwanderungsgesetze keine britischen Gerichte zuständig sein dürfen, sondern nur die der EU, so lange werden die Brexit-Verhandlungen vor allem aus Leerlauf be­stehen. Und man wird weiter aus dem Kontinent auf London zeigen und sagen: Die wissen ja gar nicht, was sie wollen.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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3 Kommentare

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  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Die EU hat 28 Mitglieder. So viel Zeit muss sein.

    Und das wird auch so bleiben, by the way.

     

    Und glücklicherweise übernimmt die EU auch die Verantwortung für die britischen Staatsbürger auf dem EU-Territorium außerhalb der Insel, die im Augenblick von ihrer im delirium tremens befindlichen sog. Regierung vollends im Stich gelassen werden,

     

    Zum Glück übernimmt die EU Verantwortung für Nordirland, Schottland oder Gibraltar, damit überkochender Nationalismus made in England nicht das zum Einsturz bringt, was die Friedensmissison EU bewirkt hat.

     

    So wie die EU - glücklicherweise - die Interessen der nichtbritischen EU-Ausländer in GB übernimmt. Selbstverständlich gelten für diese europäische Gerichte (die britischen übrigens auch).

    Alles andere würde dem auch und gerade im angelsächsischen Recht verankerten Vertrauensschutz zuwiderlaufen und eine bestehende Rechtsordnung zum Einsturz bringen.

     

    Warum wird der Exit vom Brexit kommen ?

    Klar auch wegen Kasperln wie Boris "The Tunichgut" Johnson oder der gescheiterten Gewitterhexe May. Die können es nicht.

    Das ist bewiesen.

    Von anderen drittklassigen Politikdarstellern, die in GB sogar Minister sein dürfen, wollen wir gar nicht reden.

     

    Entscheidend ist, dass der Brexit ohne verheerende Auswirkungen auf gesamt GB nicht durchzuführen ist. Und um zu dieser Einsicht zu gelangen, reichen zwei Jahre der permanenten Selbstzerstörung selbst für die Chaostruppe aus Westminster und Downing Street 10, 11.

  • ""Aber die britische Brexit-Position ist klar: Im März 2019 treten wir aus, Neuregelungen danach treten in Kraft, wenn sie fertig sind, und es wäre gut, darüber mal zu reden.""

     

    Wäre gut gewesen wenn die Torys sich erst mal sortiert hätten. Erst mal ein unkontrolliertes Feuer anzünden und dann nicht einigen können wie man denn löschen möchte - oder evtl. gatnicht... - ist halt dämlich...

     

    Welchen EU Unterhändler macht es denn "Spaß" mit so einem Hühnerhaufen zu verhandeln.

  • Ach, dann waren die ganzen Medienberichte über Streitigkeiten im Kabinett nur Fake?

    Gut, das sie als Tory Sprecher das aufklären konnte. Keine Sorge, für die EU-Hasser ist eh die EU Schuld, auch wenn der Brexit nicht richtig klappt.