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Kommentar Bremer FlüchtlingsunterbringungExempel im Industriegebiet

Kommentar von Dominik Koos

Durch die Zeltbauten sollen unbegleitete junge Geflüchtete abgeschreckt werden. Menschen, die die Behörde fragwürdigerweise für volljährig erklärt hat.

Abschreckend Wohnen: in einer Flüchtlingsunterkunft in Bremen-Oslebshausen Foto: Allegra Schneider

O b man nun von Zelten spricht oder von Leichtbauhallen – klar ist, niemand sollte in der provisorischen Flüchtlingsunterkunft in der Gottlieb-Daimler-Straße in Bremen wohnen müssen. Die Kritik von Flüchtlingsorganisationen ist berechtigt: In den Bauten gibt es kaum Privatsphäre, die Luft ist schlecht, sie liegen in einem abgelegenen Industriegebiet und die jungen Männer, die dort wohnen müssen, werden sich selbst überlassen.

Dabei müsste das nicht so sein: Noch im November hatte die Bremer Sozialbehörde erklärt, Einrichtungen, die vom Land langfristig angemietet wurden, seien nur zu 75 Prozent ausgelastet. Tatsächlich legt die Behörde also Wert auf abschreckende Wirkung von Architektur. Das Leben unter Plastikplanen im Industriegebiet vermittelt unmissverständlich: Du bist hier nicht Zuhause. Das gibt das Sozialressort sogar zu: Diese Erstaufnahmeeinrichtung diene nicht der Integration, heißt es.

Abgeschreckt werden soll eine bestimmte Gruppe: Und zwar jene unbegleiteten jungen Geflüchteten, die nicht akzeptieren wollen, dass die Behörde sie per medizinisch höchst fragwürdiger Altersfestsetzungen für volljährig erklärt hat. Die jungen Männer sollen kein Jahr zu viel ein Leben als Jugendliche führen dürfen. Bremen will sie loswerden und drängt auf ihre Umverteilung in andere Bundesländer.

Dieses Vorgehen ist eine Schande. Die Sozialbehörde nimmt in Kauf, dass traumatisierte Minderjährige bis zu einem Jahr an jenem trostlosen Ort im Industriegebiet verbringen.

Es darf nicht vergessen werden, dass die jungen Männer auf ihrer Flucht grauenvolle Orte passiert haben: Sie haben Libyen überlebt, mit seinen Sklavenmärkten und Folterkellern, genauso wie die Reise auf Schlauchbooten über das Mittelmeer.

Ob nun 18 Jahre alt oder noch jünger: Warum gibt man ihnen nicht die Chance, in die Schule zu gehen, deutsch zu lernen und Freundschaften zu knüpfen? Über unbegleitete junge Geflüchtete wird immer nur diskutiert, wenn einzelne von ihnen Ärger machen. Das ist dann ein „importiertes Problem“. In Bremen aber werden sie schon jetzt pauschal wie Kriminelle behandelt.

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6 Kommentare

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  • Ich finds super, dass es Menschen bei der taz gibt, die so klar Haltung zeigen und die Kategorie "Kommentar" richtig ausfüllen und klar benennen, dass das eine Schande ist. Im anderen Artikel zum Thema, der eben kein Kommentar ist, wird ja auch alles mit Fakten erklärt. Aber mich freut es, dass es einigen Taz-Journalist*innen wichtig ist, sich klar zu äußern und nicht in einem allgemeinen Wischi-Waschi unterzugehen, wie es sonst leider immer wieder, auch in der Taz, der Fall ist. Mehr davon!

  • Zur 75% Auslastung: Der Weser Kurier schrieb gestern (13.12.17), dass darunter vor allem zu verstehen ist, dass sich nicht mehr mehrere Personen ein Zimmer teilen müssen. Leerstand sei nicht damit gemeint.

  • Der Artikel ist doch etwas sehr polemisch und greift voll in die Klischeekiste.

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Sind denn eigentlich alle unbegleiteten Minderjährigen männlich?

    • @80576 (Profil gelöscht):

      ja

      • @Sonntagssegler:

        quellen bitte. in 2016 zumindest bin ich noch einigen eritreeischen maedchen begegnet. ansonsten gilt auch hier: wenn die familien ihre kinder auf die flucht schicken, dann diejenigen, von denen angenommen wird, dass sie die flucht einigermassen unbeschadet ueberstehen. man kann das taktisch finden, aber da wir uns alle nicht in einer situation befinden, wo wir unsere kinder alleine ueber gefaehrliche routen quer durch die welt schicken, ist ein echauffieren darueber nun echt ein first world problem.