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Kommentar Braunkohlepolitik LinksparteiMacht als einziges Argument

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Stimmt die Linke einem neuen Braunkohletagebau in Brandenburg zu, ignoriert sie ihr eigenes Programm. Und macht sich unglaubwürdig.

Abraumhalde des Braunkohletagebaus Welzow in Brandenburg Bild: dpa

W as die Linkspartei in Brandenburg zu ihrem Plan bewegt, am Dienstag für einen neuen riesigen Braunkohletagebau zu stimmen, ist rational nicht zu erklären. Zunächst argumentierte der Wirtschaftsminister, die landschaftzerstörende und klimaschädliche Energieform könnte für die Stromversorgung notwendig sein. In einem Bundesland, das 60 Prozent seines Stroms exportiert, war das schon immer eine gewagte Annahme; mittlerweile ist sie auch durch ein Gutachten der Landesregierung selbst widerlegt.

Darum argumentiert die Partei nun zum einen, der anstehende Beschluss sei kein Problem, weil er im weiteren Verfahren noch revidiert werden könne. Selbst wenn das stimmen sollte, wäre es eine erstaunliche Strategie, mit der vagen Hoffnung auf spätere Korrekturen durch Verwaltung und Justiz eine erklärtermaßen falsche politische Grundsatzentscheidung zu fällen.

Als zentrale Aussage bleibt damit allein die Behauptung, dass eine Ablehnung des Tagebaus durch die Linke das Ende der rot-roten Koalition in Brandenburg bedeuten würde. Auch hier stellt sich zunächst die Frage, ob das stimmt. Im Koalitionsvertrag ist der neue Tagebau nicht erwähnt. Und auch für die SPD wäre es ein beträchtliches Risiko, angesichts der klaren Mehrheiten gegen die Braunkohle die Regierung wenige Monate vor der Landtagswahl wegen dieser Frage platzen zu lassen.

Doch auch wenn sie das tatsächlich tun würde, wäre eine Zustimmung der Linken zum Tagebau ein großer Fehler. Eine Partei, die ihr eigenes Programm komplett ignoriert, wenn das dem Machterhalt dient, braucht kein Mensch. Die Glaubwürdigkeit der Politik insgesamt würde Schaden nehmen. Und die Glaubwürdigkeit der Linkspartei wäre schwer erschüttert – weit über Brandenburg hinaus.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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5 Kommentare

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  • Ich wäre persönlich sehr dafür, die Koalition an diesem Thema krachen zu lassen. Das Ergebnis wäre allerdings eine GroKo in Brandenburg ab Herbst und - der Tagebau kommt mit SPD und CDU erst recht. Das muss man nicht nur wissen, sondern auch sagen, ihr Spezialisten von der Taz, statt sich im LINKE-Bashing toll zu fühlen.

    • @Holger Knaak:

      der kohleausstieg wird von 79% der bevoelkerung befuerwortet. nach all den hier im artikel aufgelisteten argumenten gegen welzow waere in einer groko eine ausweitung des tagebaus zwar moeglich, aber auch nicht sicher. von daher auch nur reine spekulation.

      ich glaube, da tut sich was.

      wenn ganz deutschland erst einmal die verwuesteten landschaften gesehen hat, von der gesetzgebung zur enteignung weiss (in der weimarer republik ausgeschlossen, dann durch die nazis aufgehoben und bis heute guelitg... - wobei selbst hier die voraussetzung fuer den erhalt des allgemeinwohls nicht gegeben sind), dann werden sich die 79% noch vermehren

  • Was die LINKE bewegt, kann man heute unter der Überschrift „Verschwiegene Zugeständnisse” im Neuen Deutschland nachlesen. Dort wird von einer geheimen mündlichen Absprache mit der SPD bei den Strausberger Koalitionsverhandlungen 2009 berichtet. Die LINKE hat sich damals heimlich bereiterklärt, den neuen Braunkohle-Tagebau durchzuwinken. Jetzt wird das von der SPD gefordert. So einfach ist das! Es geht nicht um Energiepolitik oder die Schicksale von Mensch und Umwelt, und Greenpeace könnte die Verhandlungen im Grunde sofort abbrechen: Denn am Verhandlungstisch sitzen ohnmächtige Marionetten der SPD.

  • 3G
    3618 (Profil gelöscht)

    Tja, die Linke entpuppt sich an der Macht als nicht anders als all die anderen Parteien.

    Sie erlaubt riesige Schweine-Folterstätten wie in Haßleben und winkt den landschafts- und klimazerstörenden Braunkohletagebau durch.

    Mir ist eine starke Opposition,auch in Verbindung mit außerparlamentarischen Bewegungen , die die Regierung vor sich her treibt, wie bei Bismarck z.B., der unter dem Druck der sozialistischen Bewegung die Sozialgesetze erließ, lieber, als weichgespülte und angepasste Regierungsparteien.

    Allerdings müssten dafür auch die Bürger den Hintern hochkriegen.

    • @3618 (Profil gelöscht):

      Das Problem der Linken scheint auch tatsächlich zu sein, dass wenn sie an der "Macht" ist doch zumindest in den sog. neuen Bundesländern zu alt bewährtem greift bzw. sich doch sehr aus ihrer SED-Vergangenheit nährt.

       

      Für mich wäre "die Linke" wirklich eine Alternative zu Grünen und SPD, aber die Vergangenheit der Partei und ihre Alt-Mitglieder und - Wähler/innen scheinen Katja Kipping und andere doch immer wieder einzuholen. Schade eigentlich!