Kommentar Blockupy-Proteste: Kein Recht auf Krawall
Es ist richtig, gegen Ausgrenzung zu demonstrieren. Trotzdem ist die Gewalt bei Blockupy ärgerlich. Die Veranstalter hätten es anders regeln müssen.
G ewalt ist nicht das richtige Mittel, um politische Auseinandersetzungen zu führen. Auch nicht, wenn sie sich gegen Dinge wie Autos richtet. Erst recht nicht, wenn Menschen – wie Polizeibeamte – angegriffen werden. Die Bilder einer Stadt in Rauch und Flammen dominieren die Schlagzeilen.
Das Kalkül, so eins dahintersteckte, ist aufgegangen, die maximale Aufmerksamkeit erreicht. Der Preis aber, der dafür bezahlt werden muss, ist hoch. Denn letztlich ist es die Auseinandersetzung mit den Inhalten von Blockupy, die als Erstes den Flammen zum Opfer fällt.
Und das ist in doppelter Hinsicht fatal. Weil die Kritik an der europäischen Sparpolitik, wie sie vor allem von Berlin betrieben wird, richtig ist. Und weil viele Menschen in Deutschland gerade erkennen, dass Europa nur dann eine Chance hat, wenn auch die jungen Menschen in Spanien, Italien und Griechenland an das Projekt Europa glauben. Und sich nicht in wiedererstarkende Nationalismen flüchten aus dem Gefühl heraus, dass Brüssel dabei ist, ihre Zukunft zu verraten und zu verkaufen.
Wer will, dass Europa zusammenwächst, muss in Kauf nehmen, dass das auch der europäische Protest tut. Der Ort der Proteste ist ja kein Zufall: Deutschland spielt eine führende Rolle in der aktuellen Krise, es wird also kaum die letzte internationale Demo sein, die hier stattfindet und sich mit der Euro-Krise beschäftigt. Auch wenn die Zentrale der Europäischen Zentralbank dabei eigentlich das falsche Ziel ist. Denn sie hat in den vergangenen Jahren wenig falsch und viel richtig gemacht.
Blockupy zur EZB-Eröffnung
Aber nicht nur die Politik braucht Symbole, sondern auch ihre Kritiker brauchen sie. Deshalb wurde nicht bei Merkel und Schäuble in Berlin demonstriert, sondern zur Eröffnung des mächtigen EZB-Turms im Herzen des deutschen Bankenviertels.
Es ist ärgerlich, vielleicht sogar schockierend, wie gewaltsam die Demonstrationen insgesamt verliefen. Die Veranstalter müssen sich fragen lassen, was sie hätten besser machen können. Klar ist aber auch, dass es bei Großdemonstrationen immer zu Gewaltexzessen kommen kann.
Es bleibt trotzdem richtig und legitim, gegen eine brutale Politik der Ausgrenzung auf die Straße zu gehen. Denn auch wenn es kein Recht auf Krawall gibt: Das Recht zu demonstrieren ist eine der Grundsäulen, auf denen eine lebendige und freie Demokratie steht.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene