Kommentar Berliner Polizei und G20: Mitten in der Deutungsschlacht
Die bei G20 eingesetzten Berliner Beamten werden als Helden gefeiert. Das liegt auch an einer geschickten Öffentlichkeitsarbeit der Behörde.
Der G20-Gipfel in Hamburg ist vorüber, doch die Schlacht um die Deutung der dortigen Ereignisse läuft weiter – mit welchen Bandagen hier gekämpft wird, lässt sich auch an der Öffentlichkeitsarbeit der Berliner Polizei beobachten.
Aber erst einen Schritt zurück: Wer die Berichterstattung zu Hamburg verfolgte, konnte in den ersten Tagen der Protestwoche erstaunt sein über so viel polizeikritische Töne auch in Medien, die sich sonst damit nicht hervortun. Die Räumung der Protestcamps, der Wasserwerfereinsatz gegen Biertrinker, selbst das Zerschlagen der Welcome-to-Hell-Demonstration am Donnerstagabend: All dies stieß vielfach auf Kritik, wohl auch, weil viele Journalisten zum ersten Mal selbst Zeugen solcher Polizeieinsätze wurden. Erst mit der Randale am Freitag kippte die Stimmung.
In Berlin häufen sich nun seit Tagen Berichte über die schlechten Einsatzbedingungen der Berliner Beamten, an die Medien gegeben von der Gewerkschaft der Polizei. Gleichzeitig wird betont, dass es sich bei jedem vierten in Hamburg verletzten Polizisten um einen Berliner handelte. Die Botschaft: Unsere Polizisten hatten es besonders hart und gefährlich.
Mit der Aufschlüsselung der Verletzungen ließ sich die Polizei Zeit, erst jetzt gab sie bekannt, wie viele der Beamten ihren Dienst aufgrund der Verletzung nicht fortsetzen konnten: 7 von 133. Mit am häufigsten aufgetreten seien Atemwegsreizungen – in der Vergangenheit hatten sich Polizisten diese immer wieder durch ihr eigenes Pfefferspray oder Tränengas zugezogen. Nimmt man dann noch hinzu, dass sich die meisten Verletzungen im Rahmen der Welcome-to-Hell-Demonstration ereignet haben sollen, bei der das Verhalten der Polizei von Beobachtern vielfach als unverantwortlich bezeichnet wurde, bekommt das Bild der Berliner Helden doch einige Risse.
Um es klar zu sagen: Es gab in Hamburg Angriffe auf Polizisten, die durch nichts zu rechtfertigen sind. Dass auch die Polizei mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit Interessen verfolgt, sollte darüber nicht vergessen werden.
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