Kommentar Berichterstattung Frauen-EM: Nach Dritter Liga und Amateuren
Der „Kicker“ ignoriert die Frauenfußball-EM weitgehend. Und selbst die Uefa als Veranstalterin geht mit dem Event medial sehr zurückhaltend um.
D ie Website des Kicker-Sportmagazins birgt einen wahrlich beeindruckend großen Schatz von Informationen über alle möglichen Fußballereignisse in dieser Welt. Es gibt kaum etwas, was man nicht in Erfahrung bringen könnte. Und da geht es nicht nur um die großen Spiele und Spieler. Wie wäre es zum Beispiel mit dem 27-jährigen Innenverteidiger Thomas Leberfinger vom TSV Buchbach?
Am vergangenen Freitag hat er gegen seinen alten Klub, den TSV 1860 Rosenheim, in der Regionalliga Bayern wieder eine Gelbe Karte gesehen. Und die penibel geführten Kicker-Statistiken weisen auch auf, dass es bereits seine 28. Gelbe Karte war. Denn angefangen mit den Gelben Karten hat es damals am 8. Mai 2010, als der 20-jährige Leberfinger verwarnt wurde, just nachdem er in der 78. Minute beim damaligen Drittligisten Wacker Burghausen eingewechselt wurde.
Allerdings gibt es noch einen Bereich, in dem das Kicker-Wissen – freundlich formuliert – recht bruchstückhaft wirkt. Wer am Sonntagabend während des Eröffnungsspiels der Frauenfußball-Europameisterschaft etwas über diese so sprintstarke und dynamische Stürmerin Shanice van de Sanden erfahren wollte, erhielt nur dürre Informationen. Dass sie gerade per Kopf für das entscheidende Tor für den Gastgeber Niederlande gegen Norwegen gesorgt hatte, konnte man der Website ohnehin nicht entnehmen.
Der Kicker hatte, anders als bei Spielen der Regionalliga Bayern, zum EM-Auftakt auf einen Liveticker verzichtet. Immerhin waren die vermutlich bei Wikipedia abgeschriebenen Informationen hinterlegt: dass sie 24 Jahre alt ist und 1,68 Meter groß und bis 2015 beim FC Twente Enschede aktiv war.
Anpfiff 1. Halbzeit, 1:0 (66. Minute), Abpfiff 2. Halbzeit
In Wahrheit spielte sie dort bis 2016, und wissenswert wäre sicherlich auch gewesen, was seither geschehen ist. Denn in diesem Jahr wechselte die Fußballerin surinamischer Abstammung zum FC Liverpool. Die aufstrebende englische Liga hat nämlich einen Blick für talentierte Spielerinnen und schaut sich seit geraumer Zeit in ganz Europa intensiv um.
Nun ist es nicht neu, dass man sich bei Kicker-online selbst dann, wenn Liveticker zu Frauenfußballspielen angeboten werden, gern auf folgende Fakten beschränkt: Anpfiff 1. Halbzeit, 1:0 (66. Minute), Abpfiff 2. Halbzeit. Dass es am Sonntag nicht einmal dazu gereicht hat, ist dann doch bemerkenswert.
Während der WM 2015 hatte die Redaktion immerhin auf der Website in der oberen Leiste den Frauenfußball zwischen die Männer-Bundesliga und die Zweite Liga platziert. In diesen Tagen ist der Frauenfußball wie eh und je wieder ganz hinten in der Navigation angesiedelt – noch nach der Dritten Liga und den Amateuren.
Wenn man aber bedenkt, wie selbst der Veranstalter, der Europäische Fußballverband, sein Event verkümmern lässt, ist das nicht so verwunderlich. Auch auf der offiziellen EM-Website gibt es nur spärlichste Infos über die Protagonistinnen. Im Fall von Shanice van de Sanden: das Alter und die Spielposition.
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