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Kommentar BeraterInnenaffäreVon der Leyen hat zu viel Geld

Statt über eine Ausweitung sollte über eine Einschränkung der Bundeswehr diskutiert werden. Deutschland braucht keine Aufrüstung.

Statt eine Erhöhung des Wehr­etats zu fordern, sollte die Ministerin weniger verschwenderisch sein Foto: reuters

Es passt perfekt zusammen: Am selben Tag, an dem der Untersuchungsausschuss zur BeraterInnenaffäre mit seinen ersten ZeugInnenvernehmungen beginnt, will der Bundestag die Verlängerung von vier Auslandseinsätzen der Bundeswehr beschließen, darunter auch den völlig desaströsen in Afghanistan. Besser lässt sich gar nicht veranschaulichen, dass der deutsche Wehretat viel zu hoch ist.

Schon die Millionen, die das Verteidigungsministerium in den vergangenen Jahren nichtsnutzig für externe BeraterInnen rausballerte, sind ein hervorragendes Kürzungsargument. Aber sie sind nichts gegenüber der zweistelligen Milliardensumme, die die deutsche Beteiligung am fatalen „War on Terror“ der USA in Afghanistan bislang gekostet hat.

Es wäre Zeit, endlich über diese horrende Geldverschwendung zu diskutieren. Die Bundesrepublik hätte längst dem Beispiel Frankreichs und Kanadas folgen und ihr militärisches Engagement am Hindukusch beenden sollen. Aber auch im 19. Jahr des Afghanistankriegs wird in Deutschland lieber lautstark darüber lamentiert, dass die deutschen Militärausgaben nicht noch höher steigen als ohnehin geplant.

Als Ursula von der Leyen 2013 das Verteidigungsministerium übernahm, verfügte sie über einen Haushalt von 33,3 Milliarden Euro. In diesem Jahr umfasst ihr Budget 43,2 Milliarden Euro – eine stolze Steigerung. Für 2020 wächst es nochmals um etwa 2 Milliarden an. Mindestens. Zum Vergleich: Für die Entwicklungszusammenarbeit sind in diesem und dem nächsten Jahr nur jeweils 10,2 Milliarden Euro eingeplant. Was für eine falsche Prioritätensetzung!

Einschränkung der Aufgaben

Von den exorbitanten BeraterInnenhonoraren bis zu den explodierten Kosten für die Renovierung des Segelschulschiffs „Gorch Fock“: Statt eine weitere Erhöhung des Wehr­etats zu fordern, wäre es weitaus sinnvoller, die Ministerin würde endlich dafür sorgen, dass die Bundeswehr ihre vorhandenen finanziellen Mittel weniger verschwenderisch einsetzt. Dazu zählt, jedes Rüstungsprojekt kritisch auf den Prüfstand zu stellen.

Grundsätzlich gilt: Wenn die Rückbesinnung auf die Landes- und Bündnisverteidigung gleichberechtigt neben unverminderten „Out of area“-Einsätzen außerhalb des Nato-Gebiets stehen soll, wie von Ursula von der Leyen propagiert, dann kostet das viel Geld. Doch statt über eine Ausweitung sollte über eine Einschränkung der Aufgaben nachgedacht werden, etwa über eine Reduzierung der zahlreichen Auslandseinsätze von Afghanistan bis Mali.

Der Bundestag wird an diesem Donnerstag leider mal wieder anders entscheiden. Aber die Bundesrepublik braucht keine teuren Aufrüstungsfantasien, sondern eine aktive Friedenspolitik.

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3 Kommentare

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  • Mit der Verabschiedung von einer friedensorientierten Außenpolitik durch die damalige Regierung Fischer/Schröder und der Umwandlung der Bundeswehr von einer primären Verteidigungsarmee zur Interventionsarmee, mussten logischerweise die Rüstungskosten steigen. Sie sind aber seit 2013 fast explodiert. Und auch im neuen Finanzetat der schwarzen Null steigen die Rüstungskosten wiederum erheblich.



    Das ist in mehrfacher Hinsicht Besorgnis erregend. Unsere oberste Rüstungslobbyistin, Frau von der Leyen, die Millionen € für unsinnige Beraterverträge zum Fenster hinaus wirft, unterstützt mit Übereifer Auslandseinsätze und findet im Bundestag dafür auch noch Mehrheiten. Die Einsätze z.B. in Afghanistan oder Mali sind durch nichts zu legitimieren. Und die eilfertigen Bemühungen, die Bundeswehr als Frontarmee im Baltikum zu etablieren, lassen erahnen, dass die Militarisierung der Außenpolitik schon Vorkriegsgeplänkel sein könnte und ein Spiel mit der Zündschnur unter dem Deckmantel der Bündnisverpflichtung ist.



    Mit aller Kraft sollen Auslandseinsätze auch medial den Bürgerinnen und Bürgern schmackhaft gemacht werden. Und dennoch gibt es in der Bevölkerung für eine militarisierte Außenpolitik keine Mehrheit. Nach dem bevorstehenden Brexit (England war IMMER gegen eine Militarisierung der EU), will von der Leyen eine europäische Reichswehr gründen. Dazu wird Kriegspropaganda betrieben. China ist böse, sogar die USA und erst recht die Russen. Schon wird die Bevölkerung auf einen zukünftigen Krieg um Marktanteile und Ressourcen propagandistisch vorbereitet.

    Wenn ich das richtig sehe, gibt es quasi eine große Koalition der Militaristen im Bundestag. Von den Rechtsnationalisten bis hin zu Teilen der Grünen. Nur die Linke macht da nicht mit. Die fordern zu Recht drastische Einschränkungen der Rüstungsausgaben.

  • Der Verteidigungsfall bzw. Bündnisfall sind ausreichende Gründe über schlagkräftige Streitkräfte zu verfügen. Natürlich muss man nicht an Auslandseinsätzen teilnehme - dann muss man aber aktzeptieren, dass Bündnisparter nicht mehr Willens sind einen Beitrag zu Verteidigung Deutschlands zu leisten. Ich denke dann müsste aber erst recht aufgerüstet werden, das Abschreckungspotential der aktuellen Bundeswehr ist wohl eher fragwürdig.

  • Schon auch Leyens Amtsvorgänger,Helmut Schmidt, stellte im Dezemberg 2013 resigniert in der Zeit fest: "Wir haben in Wirklichkeit niemandem genützt dadurch, dass wir unsere Soldaten nach Afghanistan geschickt und dann dort auch Soldaten verloren haben. " Die Steigerung der dt. Militärausgaben vo Jahr 2017 auf 2018 von über 11 Prozent auf 51009 Millionen US-Dollar. Im Tagesspiegel erklärte gestern Christopf von Marshall die Aufrüstung schlichtweg zur Staatsräson. Zweimal hatte Deutschland im letzten Jahrhundert massiv aufgerüstet, zweimal mündete das in einen Weltkrieg und zweimal war Deutschland der große Verlierer. Und wieder erheben dt. Kommentatoren die Aufrüstung in den Stand einer Staatsraison.