Kommentar Bayer-Hauptversammlung: Die Konzernführung sollte gehen
Umwelt und Gesundheit sind dem Bayer-Vorstand egal. Die Aktionäre haben ihm jetzt die Entlastung verweigert. Er sollte zurücktreten.
D er Vorstand des Chemiekonzerns Bayer sollte zurücktreten, nachdem ihm die meisten Aktionäre bei der Hauptversammlung die Entlastung verweigert haben.
Das Ergebnis der Abstimmung über diesen Punkt ist zwar rechtlich unbedeutend. Aber es ist das erste Mal, dass die Aktionäre eines Konzerns im Deutschen Aktienindex ablehnen, den Vorstand zu entlasten. Die Bayer-Anteilseigner haben der Unternehmensführung um Werner Baumann das Vertrauen entzogen.
Und das zu Recht: Der Vorstand hat durch die Übernahme des US-Saatgut- und Pestizidherstellers Monsanto im vergangenen Jahr bewiesen, dass ihm Umwelt und Gesundheit egal sind. Monsanto macht Milliardenumsätze mit dem Unkrautvernichter Glyphosat, den die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (IARC) als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft hat. Außerdem trägt Glyphosat dazu bei, dass Pflanzen- und Tierarten aussterben. Das gilt auch für alle anderen Pestizide. Und Ackergifte sind eine Produktart, von der Monsanto sehr abhängig ist.
Die Firma ist auch führend bei gentechnisch veränderten Pflanzen, die eine umweltschädliche Landwirtschaft fördern. Mit ihrer Hilfe kann zum Beispiel Mais in Monokulturen angebaut werden, die die Artenvielfalt weiter reduzieren.
Klimabilanz belastet
Zudem ist Monsanto daran schuld, dass sich die Umweltbilanz von Bayer erheblich verschlechtert hat. Allein der Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen ist laut Geschäftsbericht 2018 wegen Monsanto im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent gestiegen. Zwar macht der Konzern jetzt auch mehr Umsatz als vor der Übernahme, aber er verbraucht nun mehr Energie, um einen Euro einzunehmen, weil Monsanto ineffizienter als Bayer produziert.
Jetzt fällt Bayer Monsanto auch wirtschaftlich gesehen auf die Füße. Bisher haben mehr als 13.000 Menschen Monsanto verklagt, weil sie sein Pestizid Glyphosat für ihre Krebserkrankungen verantwortlich machen. Zweimal wurde das Unternehmen in den USA schon zu Schadensersatz in zweistelliger Millionenhöhe verurteilt. Insgesamt könnten die Fälle Bayer einige Milliarden Dollar kosten. Sollten sich die Kläger in den höheren Instanzen durchsetzen, könnten Behörden Glyphosat die Zulassung entziehen. Dann stünde ein wichtiger Baustein des Geschäftsmodells von Monsanto zur Disposition.
All das war bekannt, bevor Bayer Monsanto schluckte. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland zum Beispiel hatte gewarnt, dass das Geschäftsmodell von Monsanto überholt und gescheitert sei. Aber die Bayer-Spitze hatte vor allem ihren persönlichen Gewinn im Blick. Mit Baumann und Kollegen wird der Konzern nie auf einen grünen Zweig kommen. Deshalb sollten sie so schnell wie möglich gehen und einen Neuanfang ermöglichen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern