piwik no script img

Kommentar Bannon und Syrien-PolitikTrump wird Republikaner

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

Erst entmachtet er Stephen Bannon, dann zeigt Trump Mitgefühl gegenüber syrischen Giftgasopfern. Fährt der US-Präsident einen neuen Kurs?

Nach 3 Monaten sieht die Welt schon anders aus Foto: ap

I n eigenwilliger Gleichzeitigkeit sorgen der tödliche Giftgasangriff in Syrien und die Eskalation des Machtkampfs im Weißen Haus dafür, dass die Welt in diesen Tagen eine wieder neue Version des unberechenbaren Donald Trump kennenlernt. In Syrien, wo der US-Präsident bislang das Assad-Regime billigend in Kauf genommen hat, drohen die USA jetzt mit unilateralem Eingreifen.

Und im Weißen Haus ist der ultrarechte Nationalist Stephen Bannon, der wegen seines Einflusses auf Trump den Spitznamen „Präsident Bannon“ bekommen hat, degradiert worden. Er bleibt zwar ­„Chefstratege“, aber im Nationalen Sicherheitsrat rücken nun wieder die Militärs und Geheimdienstler auf die zentralen Plätze.

Beide Ereignisse suggerieren Rückkehr zum US-amerikanischen Normalzustand, in dem militärischer Interventionismus immer eine Option ist und Technokraten die Schaltstellen im Weißen Haus besetzen. Bei den Republikanern ist die Erleichterung über diese Wende deutlich zu spüren. Sie waren weder mit Trumps angekündigten Rückzügen aus internationalen militärischen Engagements noch mit dessen nationalistischem Berater einverstanden.

Nun können sie die Misserfolge der Trump-Präsidentschaft auf Bannon schieben. Trump selbst zeigt in der ersten großen internationalen Krise seiner Amtszeit plötzlich Mitgefühl mit Opfern in Syrien, aber zugleich folgt er seinem üblichen niederen Instinkt. In seiner Reaktion machte er seinen Amtsvorgänger für den Giftgasangriff verantwortlich. Tatsächlich hat Barack Obama seine „rote Linie“ nicht durchgesetzt, als Assad sie verletzte. Aber Trump selbst hat bislang nicht einmal „rote Linien“ definiert – sondern dem Diktator in Damaskus auf verschiedene Arten den Rücken gestärkt. Und in einer besonderen Härte gegenüber den Opfern des Krieges schottet er sein Land komplett gegen Flüchtlinge aus Syrien ab.

Berechenbar wird die Außen- und Militärpolitik des Weißen Hauses auch jetzt nicht. Bannons Degradierung zeigt aber, dass der republikanische Apparat, der monatelang von Trump entmachtet wirkte, doch noch mitzureden hat. Dass an die Stelle des radikal rechten Nationalisten Bannon, bei dem Chaos und „Dekonstruktion“ Programm sind, jetzt verstärkt Trumps Familienangehörige treten, ist ein kleineres Übel.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "Tatsächlich hat Barack Obama seine „rote Linie“ nicht durchgesetzt, als Assad sie verletzte" Gibt es Beweise dafür, dass Assad schon damals eine rote Linie überschritten hatte, oder sind diese Beweise nicht einfach nur von ähnlicher "Stichhaltigkeit" wie die Beweise für den Hufeisenplan, oder Sadams Giftgasbestände?

  • Genau, Dorothea Hahn hat das vorausgesehen. Heute kamen die Tomahawks.

    Saudi-Arabien, Israel, die syrische Oppostion und Großbritannien unterstützen Trump.

    Trittin fordert eine Lösung im Rahmen der Vereinigten Nationen.

     

    Obama ist leider (trotz der Abschaffung einiger Chemiewaffen) in Syrien gescheitert, Europa hat es erst gar nicht versucht: Die 400.000 Toten in Syrien und 11 oder 12 Millionen Flüchtlinge zeigen, was passiert, wenn Russland gegen die internationale Gemeinschaft Assad deckt und gleichzeitig in der Ukraine Krieg führt, mit etwa zwei Millionen Flüchtlingen dort.

  • Vielleicht wird Trump noch der Liebling (auch deutscher) Medien. Der Tomahawk-Angriff ein Bewerbungsschreiben...

  • Die Innenpolitik ist weitgehend abgeschlossen, Außen und Sicherheitspolitik sind leicht berechenbar. Wir leben in einer offenen Welt, Politik ist das offene Buch der Weltgemeinschaft. Wir haben es mit einem erklärbaren Wissensstand zu tun.

  • "tatsächlich hat Barack Obama seine „rote Linie“ nicht durchgesetzt, als Assad sie verletzte ??"

    Sie haben gestern nicht den Beitrag von Michael Lüders bei Markus Lanz gesehen? Herr Lüders geht nämlich ganz klar davon aus, dass 2013 das Giftgas von Terroristen eingesetzt wurde - in Zusammenarbeit mit der Türkei. Wollen sie diese Dinge nicht nur Kenntnis nehmen?

  • Jau und die Überwachung wird deswegen auch nicht weniger: https://www.mustard.cool