Kommentar Bahn: Kurzstrecken-Politik
Nun wird er also doch nicht kommen, der Bedienzuschlag der Bahn. Die Intervention der Bundesregierung macht allen klar: Es ist falsch, die Bahn zu privatisieren.
D ie Bahn ist zu wichtig als ökologisches Verkehrsmittel, das Mobilität für alle sicherstellen muss. Es gehört deshalb in die Hand des Staates und der Regierung.
Doch ihre Einflussmöglichkeiten auf die Deutsche Bahn hat die große Koalition mit der Privatisierung des Unternehmens ohne Not aus der Hand gegeben. Ist die Bahn erst an der Börse, sind politische Interventionen wie jetzt gegen den Bedienzuschlag nicht mehr möglich. Denn die Bahn wird dann letztlich nur noch nach ihrer Gewinn- und Verlustrechnung beurteilt und nicht mehr nach ökologischen oder sozialen Kriterien.
Natürlich ist es unsympathisch, dass die Bahn an jenen Kunden, die weder über einen Internetanschluss verfügen noch lässig mit einem Fahrkartenautomat umgehen können, ganz offensichtlich kein Interesse mehr hat. Aber ein Herz für kleine Leute hat auch der Autobauer Porsche nicht - erfolgreich ist er trotzdem. Und um den finanziellen Erfolg wird es künftig auch bei der privatisierten Bahn in erster Linie gehen.
Das ist den Privatisierern in der Regierung natürlich klar. Umso ärgerlicher ist die Scheinheiligkeit, mit der sie sich gestern angeblich für die Kundenrechte in die Bresche geworfen haben. Die Gelegenheit war prima, und die Bahn hat sie nicht viel gekostet - 100 Millionen Euro im Jahr bei einem Umsatz von über 30 Milliarden Euro lassen sich an anderer Stelle erwirtschaften. Die Preiserhöhungen von rund 3,9 Prozent, welche die Kunden ab Dezember erwarten, haben Merkel und Tiefensee erst gar nicht erwähnt. Hauptsache, sie konnten sich als Streiter einer - für beide Volksparteien wichtigen - Zielgruppe präsentieren: der Rentner.
Der billige "2 Euro 50"-Erfolg zeigt in Wirklichkeit nur die Hilflosigkeit der Kanzlerin und ihres Verkehrsministers. Man mag sich ihre Gespräche mit Bahnchef Mehdorn, in denen sie ihm seine Zuschlags-Idee ausredeten, gar nicht ausmalen. Sicher ist nur: um ein nachhaltiges verkehrspolitisches Konzept wird es dabei nicht gegangen sein.
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